Der rote Drache und der Stein der Weisen von Sas-_- (Harry & Draco) ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 – „Auch Hogwarts?“ --------------------------------------- Hagrid ging zurück zum Tropfenden Kessel und Harry betrat allein „Madam Malkins Anzüge für alle Gelegenheiten“. Madam Malkin selbst kam ihm sogleich lächelnd entgegen. „Hogwarts, mein Lieber?“ Harry nickte stumm, während sie ihn in den hinteren Bereich des Ladens führte und davon sprach, dass ein anderer Kunde auch gerade eingekleidet wurde. Auf einem Schemel stand ein Junge mit einem blassen, spitzen Gesicht und weißblondem Haar. Eine Hexe steckte seinen schwarzen Umhang ab, Madam Malkin stellte einen zweiten Schemel direkt neben ihm und bat Harry sich daraufzustellen. Anschließend streifte sie ihm einen schwarzen Umhang über den Kopf und setzte Nadeln, um die richtige Länge zu bestimmen. „Hi, ich bin Draco“, sagte der Junge gut gelaunt. „Auch Hogwarts?“ „Ja. Ich bin Harry“, antwortete Harry lächelnd. „Hi Harry! Mein Vater kauft gerade die Schulbücher und meine Ma schaut sich schon mal Zauberstäbe an“, sagte Draco aufgeregt. Seine blassen Wangen färbten sich leicht pink und er grinste Harry breit an. Er schien sich zu freuen, jemand zum Quatschen zu haben. „Ich will mir später unbedingt die Rennbesen anschauen! Zu blöd, dass Erstklässler keinen eigenen Besen haben dürfen, aber ich bin super gern in dem Laden!“ Harry nickte schweigend, er wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Er hatte über Rennbesen noch gar nicht nachgedacht. „Zu Hause hab ich natürlich einen Besen. Und du? Hast du auch einen?“, fragte Draco neugierig. „Nein“, sagte Harry. „Spielst du denn kein Quidditch?“ „Nein“, wiederholte Harry und fragte sich, was zum Teufel Quidditch war. „Ich schon, bester Sport überhaupt! Obwohl mein Dad gerade ganz versessen auf dieses Fußball ist … Jedenfalls, ich möchte unbedingt für mein Haus spielen! Weißt du, in welches Haus du kommen wirst?“ „Nein“, murmelte Harry und kam sich mit jeder Minute dümmer vor. Draco schien nett zu sein, aber Harry wollte sich keine Blöße geben und zugeben müssen, dass er von der Zauberer-Welt so gar keine Ahnung hatte. „Na ja, eigentlich weiß ja keiner so richtig in welches Haus man kommt bis es so weit ist … Ich will nicht nach Slytherin, weißt du … Meine ganze Familie war in Slytherin, seit Jahrhunderten.“ Plötzlich wirkte Draco nervös und sah Harry eindringlich an, so als erwartete er etwas von Harry, aber er hatte keinen blassen Schimmer, worauf Draco da nur wartete. Etwas lahm sagte Harry schließlich: „Okay …?“ Draco betrachtete ihn noch kurz unsicher, dann lächelte er wieder strahlend. „Aber ich will was Neues versuchen! Und meine Eltern finden das Gott sei Dank gut! Ich wäre sogar mit Hufflepuff einverstanden, denke ich …“ „Mmmh“, sagte Harry und wünschte, er hätte irgendwas Interessantes beizutragen, aber er wusste ja noch nicht einmal, was es mit diesen „Häusern“ auf sich hatte, von denen Draco da redete. „Du bist ein bisschen wortkarg, alles gut bei dir?“, fragte Draco und runzelte die Stirn. Dann sah er überrascht auf. „Alter Schwede, schau dir den Mann an!“, rief er aus und nickte zum Schaufenster. Hagrid stand draußen, grinste Harry an und hob seine Hände, in denen er zwei Eistüten hielt. „Das ist Hagrid!“, rief Harry, froh Draco etwas voraus zu haben. „Er arbeitet in Hogwarts.“ „Oh“, sagte er. „Meine Eltern haben mir von ihm erzählt. Er ist, ähm … Gärtner?“ „Er ist der Wildhüter“, korrigierte Harry ihn zufrieden, Draco nickte nachdenklich. „Stimmt, Wildhüter! Kein Gärtner … Mein Gedächtnis … Er wohnt in einer Hütte, nahe am Waldrand. Meine Eltern mögen ihn gerne. Er sieht nett aus – auf den zweiten Blick“, witzelte Draco und kicherte verlegen. „Ich denke, er ist brillant!“, sagte Harry und schenkte seinem Nachbarn ein scheues Lächeln. Er fragte sich, ob seine neue Bekanntschaft auch dann noch so freundlich zu ihm war, wenn Harry zugab, nichts über die Zauberer-Welt zu wissen und deswegen ein ziemlich lahmer Gesprächspartner war. Wahrscheinlich würde Draco das freundlich zur Kenntnis nehmen und sich dann schnell jemand anderen zum Austausch suchen. „Wieso bist du mit Hagrid unterwegs? Wo stecken denn deine Eltern?“ „Sie … sie sind tot“, sagte Harry kurz angebunden. Er wollte jetzt nicht so gerne darüber reden und Draco seine gute Laune vermiesen. „Oh, das tut mir leid! Mist, hab ich nicht drüber nachgedacht!“, sagte der Junge und zappelte beschämt auf dem Schemel herum. Die Hexe zischte verärgert, er solle still halten, sonst würde sie ihn noch versehentlich mit einer Nadel piksen. Harry beschwichtige ihn eilig: „Nein, schon gut! Woher solltest du das auch wissen. Ich mag nur jetzt nicht drüber reden.“ Draco nickte hastig. „Ja, verstehe ich! Tja, hm … Aber … Konnten sie denn zaubern?“ Harry nickte. „Ja. Meine Mum war eine Hexe und mein Dad ein Zauberer.“ „Oh, okay … Ich dachte … Also, ich hatte den Eindruck, dass du meinem Geplapper nicht ganz folgen konntest, da dachte ich … Ähm, dass du vielleicht Muggel als Eltern hast“, erklärte Draco und fing schon wieder an zu zappeln und die Hexe fauchte erneut, er solle still halten. Harry fühlte sich sofort erleichtert. Draco hatte es also doch gemerkt und er war noch nicht genervt geflüchtet, das wertete Harry als gutes Zeichen. „Ich bin bei meiner Tante und meinem Onkel aufgewachsen. Die sind Muggel. Und die mögen keine Magie, deswegen weiß ich nicht viel. Also, eigentlich gar nichts“, gab Harry seufzend zu und schaute beschämt überall hin, außer in Dracos Gesicht. „Du kennst also die Muggel-Welt?!“, rief er aufgeregt, aber bevor Harry ihm antworten konnte, sagte Madam Malkin Harry, dass er fertig sei und nun gehen könne. Er bedauerte, dass er sich nicht länger mit Draco unterhalten konnte, sagte ihm auf Wiedersehen und Draco meinte, dass sie sich sicherlich im Zug wiedersehen würden. Draußen nahm Harry seine Eistüte entgegen und schlenderte mit gemischten Gefühlen neben Hagrid her. Draco war freundlich gewesen, aber er hatte Harry auch gezeigt, dass er von der Zauberer-Welt so gut wie nichts wusste, und Harry war sich dabei schrecklich dumm vorgekommen. „Hagrid, was ist Quidditch?“, fragte er schließlich, irgendwo musste er ja anfangen. „Verdammich, Harry! Ich vergess‘ ständig wie wenig du weißt! Hast noch nie von Quidditch gehört!“ „Mach’s nicht noch schlimmer!“, sagte Harry. Er erzählte Hagrid von Draco. „– und er wollte unbedingt wissen, ob meine Eltern Hexe und Zauberer waren, weil er gemerkt hat, dass ich eine Ahnung von nichts habe –“ „Wenn der Bursche gewusst hätte, wer du bist! Er kennt deinen Namen so lange er denken kann, wenn seine Eltern magisch sind! Hast die Leute ja im Tropfenden Kessel gesehen. Keine Ahnung, was der Junge damit sagen wollte, aber einige der besten Hexen und Zauberer entstammen einer langen Linie von Muggeln – sieh dir deine Mum an! Schau, was für ne Schwester sie hatte!“ „Okay, aber was ist Quidditch?“ „Is‘ unser Sport. Zauberer-Sport. Is‘ wie … Fußball in der Muggel-Welt. Jeder schaut Quidditch, wird in der Luft gespielt, auf Besen und es gibt vier Bälle – n bissel schwierig die Regeln zu erklären.“ „Und was sind Slytherin und Hufflepuff?“ „Schulhäuser. Gibt vier davon. Jeder sagt, die Hufflepuffs sind ein Haufen Nieten, aber –“ „Ich wette, ich lande in Hufflepuff. Na ja, wenn’s gut läuft, landet Draco auch dort. Bin ich wenigstens nicht allein“, sagte Harry düster. „Besser Hufflepuff als Slytherin“, sagte Hagrid finster. „Gibt nich‘ eine Hexe oder Zauberer, die böse geworden sin‘ und nich‘ in Slytherin waren. Du-weißt-schon-wer war einer.“ „Vol… Entschuldige – Du-weißt-schon-wer war in Hogwarts?“ „Vor vielen, vielen Jahren“, sagte Hagrid. „Aber Hagrid … Draco meinte, seine Familie wäre seit Jahrhunderten in Slytherin gewesen!“, fiel es Harry wieder ein und sah Hagrid erschrocken an. Jetzt ergab das alles Sinn. Hagrid hatte gerade gesagt, Hexen und Zauberer aus Slytherin neigten dazu, böse zu werden. Draco hatte bestimmt darauf gewartet, wie Harry darauf reagieren würde, dass seine Familie seit Jahrhunderten in dieses Haus kam. „Ich fand ihn jetzt nicht … böse …“, dachte Harry laut über Draco nach. „Na ja, er is‘ ja auch erst elf, nich‘?“, murmelte Hagrid und kratzte sich am Bart. Harry runzelte die Stirn. „Meinst du, seine Eltern hatten mit V… Du-weißt-schon-wer zu tun? Sie waren in Slytherin …“ Hagrid zuckte seufzend die Schultern. „Weiß ich nich‘ Harry, woher auch. Is‘ auch müßig drüber zu grübeln, meinst du nich‘? Und vielleicht kommt er ja nach Hufflepuff, wär‘ n gutes Zeichen, wenn du mich fragst.“ Anschließend setzten sie Harrys Einkauf fort, besorgten seine Schulbücher, eine Schneeeule als Haustier – ein Geburtstagsgeschenk von Hagrid an Harry – und später brachte Hagrid ihn zurück zum Zug, mit dem er zu den Dursleys fahren sollte. Hagrid gab Harry noch das Zugticket und erinnerte ihn daran, wie wichtig es war, dass er den Hogwarts Express nahm und verschwand, als Harry im Zug nach ihm Ausschau hielt. Kapitel 2: Kapitel 2 – „Du bist … Harry Potter!“ ------------------------------------------------ Unglücklich und ratlos stand Harry am Gleis neun und zehn, auf der Suche nach Gleis neun dreiviertel. Er hatte bereits versucht einen Mitarbeiter anzusprechen, der ihm jedoch nicht weiterhelfen konnte und schließlich verärgert davon gegangen war. Harry dachte gerade darüber nach, alles Mögliche an der Wand zwischen den Gleisen auszuprobieren – vielleicht funktionierte es so ähnlich wie die Wand der Winkelgasse – als eine Familie an ihm vorbei ging und Harry die Worte: „– alles voll mit diesen scheußlichen Muggeln!“ hörte. Harry wandte sich hastig um, gesprochen hatte eine rundliche Frau, die mit ihren vier Jungen redete, alle hatten sie flammend rote Haare. Jeder von ihnen schob einen Gepäckwagen vor sich her – und sie hatten Eulen! Mit klopfendem Herzen folgte Harry ihnen. Die Familie hielt an und Harry tat es ihnen gleich, nahe genug, um hören zu können, was sie sagten. „Die Gleis-Nummer war?“, fragte die Mutter ihre Söhne. „Neun dreiviertel“, brummte ein Junge, der ungefähr in Harrys Alter war. „Richtig, Ron. Gut, Percy, du gehst zuerst.“ Der Älteste der Brüder marschierte Richtung Gleis neun und zehn. Harry beobachtete ihn genau und versuchte nicht zu blinzeln, um ja nichts zu verpassen. Aber gerade, als der Junge die Mauer erreichte, rauschte eine Gruppe Touristen vorbei, versperrte Harry die Sicht, und als sie wieder weg waren, war Percy verschwunden. „Fred, jetzt du“, sagte die rundliche Frau. „Bin nicht Fred, bin George!“, sagte der Junge. „Echt mal, du nennst dich unsere Mutter? Kannst du nicht sehen, dass ich George bin?“ „Entschuldige, George, mein Lieber.“ „War nur’n Witz, ich bin Fred“, sagte er und schon war er weg. Sein Zwilling rief ihm nach, er solle sich beeilen und das hatte er wohl auch, denn er war augenblicklich verschwunden. Harry fragte sich, wie er das nur angestellt hatte. Nachdem der nächste der Brüder sich auf den Weg gemacht hatte, fasste Harry sich ein Herz und fragte: „Entschuldigen Sie …“ „Ja?“ Sie wandte sich Harry zu und musterte ihn misstrauisch. Als sie die Eule auf seinem Gepäckwagen sah, schien sie sich sichtlich zu entspannen. Harry hatte den Eindruck, sie hatte Sorge, ein Muggel hätte Wind davon bekommen, dass ihre Söhne sich in Luft auflösten. „Erstes Jahr in Howarts, Junge? Ron ist auch neu.“ Sie wies auf den jüngsten ihrer Söhne. Er war groß, dünn und schlaksig, mit Sommersprossen, großen Händen und Füßen und einer langen Nase. „Ja“, sagte Harry. „Es ist nur so, ich weiß nicht wie –“ „Wie du zum Gleis kommst?“, half sie argwöhnisch nach, Harry nickte. „Hm, haben dir deine Eltern das nicht erklärt?“, hakte sie nach und Harry hatte das Gefühl, als läge da etwas Lauerndes in ihrer Stimme. „Ähm, nein …“, antwortete Harry kleinlaut und hoffte, seine verzwickte Situation nicht erklären zu müssen. Die Frau betrachtete ihn noch einen Moment eingehend, dann wandte sie sich der Mauer zu und erklärte: „Es ist ganz einfach, du musst nur direkt auf die Mauer zwischen Gleis neun und zehn zugehen. Halte nicht an und hab keine Angst davor, du könntest in sie reinrasseln. Renn ein bisschen, wenn du nervös bist. Geh, Ron kommt dir gleich nach.“ „Ähm, okay“, sagte Harry. Er drehte seinen Gepäckwagen und marschierte auf die Mauer zu. Weil Harry zusehends nervöser wurde, rannte er lieber ein bisschen, und gerade als er dachte, er müsse jeden Moment dagegen krachen, war er plötzlich auf „der anderen Seite“. Gleich neben ihm stand eine scharlachrote Dampflock und der Bahnsteig war überfüllt mit Leuten. Harry hatte es geschafft. Zwischen den Leuten am Gleis schlängelten sich Katzen in allen erdenklichen Farben und Eulen riefen sich schlecht gelaunt zu. Die ersten Wagons waren bereits voll mit Schülern, manche lehnten sich aus den Fenstern, um mit ihren Familien zu reden, andere kämpften um Sitzplätze. Harry machte sich auf den Weg, um nach einem freien Wagen zu suchen, dabei kam er an einem rundgesichtigen Jungen vorbei. „Oma, ich hab meine Kröte verloren!“ „Ach, Neville“, seufzte seine Großmutter. Harry schob sich weiter durch die Menge bis er ein leeres Zugabteil gefunden hatte. Bei dem Versuch, seinen furchtbar schweren Koffer in den Zug zu hieven, fiel ihm dieser zwei Mal schmerzhaft auf den Fuß. „Hey, Harry!“ Er blickte auf und sah Draco auf sich zu laufen, seinen Koffer schrappend hinter sich herziehend. Er trug ein weißes Holzfällerhemd, beige kariert, die Ärmel hochgekrempelt und darunter ein hellgraues T-Shirt. Seine verwaschene Jeans hatte Löcher an den Knien, ein offenbar gern getragenes Kleidungsstück. In seiner freien Hand schleppte er eine ziemlich große Transportbox, Harry konnte eine schwarze, norwegische Waldkatze darin erkennen, die ihn dösig ansah. „Draco! Wie geht’s?“, grüßte Harry, froh ein vertrautes Gesicht zu sehen. Draco erreichte das Zugabteil. „Ganz schön schwer, was?“, kommentierte er grinsend und nickte mit dem Kinn zu dem Koffer. Harry seufzte, stemmte die Hände in den Rücken und streckte ihn durch. „Kannst du laut sagen …“ „Ich helf dir.“ „Danke.“ „Kein Ding, musst mir ja dann auch mit meinem helfen“, sagte Draco scherzhaft, packte den Koffer am hinteren Ende und Harry das vordere. Gemeinsam schafften sie es schließlich, das Gepäck im Abteil zu verstauen. Ächzend wischte sich Harry über die Stirn und strich sich dabei sein widerspenstiges Haar aus den Augen. Er merkte, wie Dracos Augen an Harrys Narbe hängen blieb. „Wie war dein Nachname noch gleich …?“, fragte Draco nachdenklich. „Potter“, antwortete Harry tonlos. Er konnte regelrecht zusehen, wie es im Kopf seines neuen Freundes zu arbeiten begann. „Und jetzt dein Koffer“, sagte er und eilte zu Dracos Gepäck. Dort stellte er fest, dass die beiden nicht mehr allein waren. Ein Mann, der wie eine ältere Version von Draco aussah, stand hinter dem Koffer und hob diesen gerade an. Harry war sich sicher, dass das Dracos Vater sein musste. „Hallo“, grüßte er den Mann freundlich. Dieser blickte auf. „Oh, hallo. Du musst Harry sein! Mein Sohn hat mir von dir erzählt.“ Draco tauchte augenblicklich neben Harry auf, der noch immer in der Abteiltür stand. Zu Harrys Erstaunen war sein neuer Freund sogar noch blasser geworden, was Harry für kaum möglich gehalten hätte. Draco wandte sich Harry zu. „Du bist … Harry Potter!“ Sein Vater ließ den Koffer versehentlich fallen, auf seinen Fuß, und fluchte leise. Harry lächelte Vater und Sohn verlegen an und spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg. „Jaah, bin ich … Ähm … wollen wir nicht deinen Koffer in den Zug schaffen?“ Draco sah Harry noch einen kurzen Moment mit offenem Mund an, dann riss er sich aus seinem Gedankengang und nickte eifrig. Dracos Vater rieb sich den Fuß und brummte, dass „die Muggel-Art“ doch zu umständlich sei, zog seinen Zauberstab und ließ das Gepäck in den Zug schweben, wo er es mit einem Schlenker sich selbst verstauen ließ. Harry sah begeistert zu, er konnte gar nicht genug davon bekommen, andere beim Zaubern zu zusehen. Dracos Vater kehrte zurück an den Bahnsteig, Draco hatte das Fenster des Zuges geöffnet. „Also gut, mein Junge. Schreib mir, wenn du angekommen bist“, sagte sein Vater und lächelte breit, während eine blonde Frau auf sie zu kam, ebenso blass wie Draco und sein Vater. „Draco, mein Lieber! Ich vermisse dich jetzt schon!“, sagte sie und blinzelte ungeweinte Tränen weg. Dracos Wangen färbten sich leicht rosa. „Mum! Lass das!“, zischte er verlegen. „Harry, es war mir eine Ehre, dich kennenzulernen! Lucius Malfoy, und das ist meine Frau, Narcissa“, stellte Dracos Vater sich und die blonde Frau neben sich vor, die Harry ein sanftes Lächeln schenkte. Ein gellender Pfiff ertönte, hastig sprangen die letzten Nachzügler in den Zug und die Türen wurden geschlossen. Der Hogwarts-Express setzte sich in Bewegung, Lucius und Narcissa winkten Draco und Harry nach, bis der Zug abbog und sie nicht mehr zu sehen waren. Harry spürte Aufregung in sich aufkeimen. Er wusste nicht, was vor ihm lag, aber es konnte nur besser sein als das, was er nun zurückließ. Draco streckte die Beine aus, strich mit den Händen über seine Oberschenkel, betrachtete Harry neugierig, dann blickte er wieder hastig aus dem Fenster. „Alles gut?“, fragte Harry lächelnd. Er wünschte sich, Draco würde aufhören so nervös zu sein. Er erwischte sich bei dem Gedanken, dass es ihm lieber gewesen wäre, Draco hätte nicht erfahren, er wäre der Harry Potter. „W-wieso hast du mir bei Malkins nichts gesagt?“, fragte Draco schließlich und nestelte nervös an einem losen Faden seines Hemdes herum. Harry zuckte mit den Schultern. „Ich bin bei meinen Verwandten aufgewachsen und hab erst vor kurzem erfahren, dass es eine Zauberer-Welt gibt, dass ich zaubern kann, dass ich berühmt bin … Ich vergesse das einfach, ehrlich gesagt. Ich bin als Niemand aufgewachsen.“ „Oh, wow! Wirklich?“ Erstaunt sah Draco Harry mit großen, grauen Augen an. „Aber warum haben deine Verwandten denn nichts erzählt?!“ „Weil sie nie wollten, dass ich nach Hogwarts gehe. Ich sollte auf eine Muggel-Schule gehen“, sagte Harry verbittert. Dracos Wangen färbten sich wieder rot, dieses Mal jedoch vor Zorn. „WAS?! Du bist Harry Potter! Wie kommt man da auf die beknackte Idee, dich auf eine Muggel-Schule schicken zu wollen?! Äh … nichts gegen Muggel-Schulen, du weißt schon, was ich meine …“ Harry nickte und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Alles gut. Keine Ahnung, meine Verwandten sind seltsam … Egal, ich möchte nicht so gerne über sie reden, wenn’s okay ist.“ Draco winkte ab. „Ja, ist auch besser so, die regen mich schon nur vom Zuhören auf, und dabei finde ich Muggel sonst wirklich toll, aber die …“ „In deiner Familie können alle zaubern?“, fragte Harry, der Draco genauso interessant fand, wie er ihn. „Ja, soweit ich weiß schon. Zumindest sagt mein Stammbaum nichts über Muggel und Muggelgeborene, alle magisch durch und durch.“ „Dann weißt du sicher schon eine ganze Menge über Magie.“ Draco machte ein komisches Gesicht, das Harry nicht zuordnen konnte, aber dann lächelte er wieder gut gelaunt. „Und du hast nur deine Tante und deinen Onkel?“ „Und einen Cousin, Dudley. Er ist schrecklich“, erklärte Harry. Draco dachte darüber nach. „Hm, ist ein bisschen so, als hättest du einen Bruder, oder?“ Harry zuckte mit den Schultern. „Ja, ungefähr. Wir sind fast gleich alt. Aber wie gesagt, er ist schrecklich. Er kann mich nicht leiden, seit ich denken kann, und Tante Petunia und Onkel Vernon hatten ihn natürlich immer viel lieber als mich.“ „Schade, echt mies von den beiden. Ich wollte gerne Geschwister, aber geht leider nicht“, sagte Draco und sah ein bisschen enttäuscht aus. „Aber in Hogwarts wohnt man ja in Häusern, das ist vielleicht so ähnlich.“ „Also, nur du und deine Eltern?“ „Jap, aber meine Freunde kamen oft zu Besuch.“ „Die können alle zaubern?“, fragte Harry neugierig. Draco nickte. „Jop, aber Parks und ich haben immer versucht, uns mit den Muggeln im Dorf anzufreunden. War ein bisschen schwierig, aber es war auch super lustig.“ Er lächelte leicht verträumt und schwelgte in glücklichen Kindheitserinnerungen, die Harry nur zu gern sehen würde. Alle konnten sie zaubern, alle kannten sie die Zauberer-Welt – und hier saß Harry, ahnungslos und verunsichert. „Weißt du …“, begann er kleinlaut, „ich wette, ich werd der schlechtes in unserer Klasse sein.“ Draco kehrte aus seinen Gedanken zurück, runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. „Nee, sicher nicht. Wie gesagt, es gibt ja auch Muggelgeborene. Deren Eltern können nicht zaubern und wissen auch nichts von Magie. Die erfahren erst von Hogwarts, wenn sie den Brief bekommen. Man darf ja eigentlich zu Hause nicht zaubern, es hat dir also kaum einer was voraus. Wir lernen alle gemeinsam die ganze Zauberei von Grund auf“, erklärte Draco und lächelte Harry aufmunternd zu. „Eigentlich?“, hakte Harry neugierig nach, Dracos Lächeln fiel etwas in sich zusammen. „Hab ich eigentlich gesagt? Ich meinte, man darf nicht zaubern. Jap, so ist das.“ Harry mustert Draco misstrauisch, der schaute höchst interessiert aus dem Fenster, als gäbe es dort etwas besonders Spannendes zu sehen, aber an ihnen zogen nur Felder mit Schafen vorbei und Harry bezweifelte, dass Schafe Draco fremd waren. „Draco …“ „Okay, na gut, vielleicht hab ich ein bisschen zu Hause gezaubert“, sagte er drucksend und verschränkte die Arme vor der Brust. „Zauberer-Eltern geben ihren Kindern gerne einen kleinen Vorsprung, wenn’s um einfache Magie geht, und ich komme mit dem Zauberstab von meiner Ma gut zurecht. Der von meinem Dad, das lief nicht so gut … Hätte nicht gedacht, dass das Sofa im Wohnzimmer so gut brennt …“ Harry prustet los. „Du hast das Sofa in Brand gesetzt?!“ Dracos Wangen glühten. „Nicht mit Absicht! Ich sollte nur was reparieren!“ „Hat ja toll geklappt.“ „Ma fand’s nicht so schlimm, sie konnte das Sofa eh nie leiden.“ Die beiden kicherten noch eine Weile darüber und Draco erzählte Harry schließlich, welche einfachen Zauber er bereits mehr oder weniger gut meistern konnte. Harry musste versprechen, keinem zu erzählen, dass Draco zu Hause schon geübt hatte. Den einen oder anderen simplen Zauber führte Draco auch vor, da er aber etwas aufgeregt war, klappten sie nur so halb oder gar nicht. Das zu sehen beruhigte Harry, der schon befürchtete hatte, als einziger in der Schule nichts zustande zu bekommen. Danach schwiegen sie ein bisschen, Draco steckte die Nase in sein Zaubertrankbuch („Das Fach interessiert mich am meisten, da will ich gut drin sein!“) und Harry blickte aus dem Fenster und hing seinen Gedanken nach. Um halb eins war auf dem Gang des Zuges lautes Geklapper zu hören, kurz darauf wurde die Abteiltür aufgezogen und eine Frau mittleren Alters blickte den beiden lächelnd entgegen. „Etwas Süßes, ihr Lieben?“ Harry, der heute Morgen kein Frühstück gehabt hatte, sprang sofort auf die Füße, Draco folgte ihm gemächlich. Harry hatte zum ersten Mal mehr als genug Geld, um sich so viele Schokoriegel zu kaufen wie er nur tragen konnte, aber die Dame verkaufte keine Schokoriegel. Sie hatte Bertie Botts Bohnen in allen Geschmacksrichtungen, Druhbels Bester Blaskaugummi, Schokofrösche, Kürbisspasteten, Kesselkuchen, Lakritz-Zauberstäbe und viele andere Süßigkeiten, die Harry noch nie gesehen hatte, im Angebot. „Schätze, das ist alles neu für dich, oder? Zumindest fanden die Muggel im Dorf unseren Kram immer sehr interessant“, erzählte Draco, suchte sich Schokofrösche, Kesselkuchen und Pfefferkobolde aus. Harry nickte, da er alles probieren wollte, um nichts zu verpassen, kaufte er sich von jedem etwas. Zurück im Abteil, ließ er alles auf einen leeren Platz fallen. „Deine Verwandten haben dir Geld gegeben?“, wunderte sich Draco und ließ sich gegenüber von Harry auf den Sitz fallen. Harry schüttelte den Kopf und schnappte sich eine Kürbisspastete. „Nein, niemals. Meine Eltern haben mir ihr Geld vererbt.“ „Macht Sinn.“ Während Harry seine Kürbisspastete kaute, mümmelte Draco seinen Kesselkuchen. Er hatte sich nicht allzu viel gekauft und Harry hatte zum ersten Mal die Möglichkeit, etwas zu teilen – und jemanden, mit dem er etwas teilen konnte. „Hey, wenn du was von meinen Sachen willst, kannst du gerne was haben“, sagte Harry schließlich. Draco warf einen neugierigen Blick auf Harrys Süßigkeitenberg. „Ja, vielleicht. Kann dir später das Geld dafür geben.“ Harry winkte ab. „Will ich nicht, ist schon gut.“ „Ach so? Ist aber kein Problem für mich, mein Familie ist wohlhabend.“ Harry dachte darüber nach. Was bedeutete „wohlhabend“ bei Zauberern? Dann fiel sein Blick auf die Schokofrösche und er hatte eine andere Frage: „Was sind das für welche? Ich meine, das sind doch nicht wirklich Frösche, oder?“ Überrascht hätte es Harry allerdings nicht mehr, er rechnete mit allem. „Nee“, sagte Draco, „aber schau mal, was für eine Karte drinnen ist. Mir fehlen immer noch ein paar.“ „Was?“ „Ach, stimmt. Das weißt du ja nicht – Schokofrösche enthalten Karten, zum Sammeln – berühmte Hexen und Zauberer. Ich hab schon so um die 500, aber ein paar fehlen mir noch.“ Harry packte seinen Schokofrosch aus und holte die Karte raus. Es zeigte einen Mann, der eine Brille mit halbmondförmigen Gläsern trug, einer langen, krummen Nase und langes, silbern-wallendes Haar hatte. Unter dem Bild stand der Name Albus Dumbledore. „Das ist also Dumbledore“, sagte Harry. „Ja, genau. Hat Hagrid dir von ihm erzählt?“ „Ein bisschen, meinte, er sei brillant und der beste Schulleiter, den Hogwarts jemals hatte.“ Harry drehte die Karte um und las, was auf der Rückseite stand: Albus Dumbledore, derzeit Schulleiter von Hogwarts. Von vielen als der mächtigste Zauberer der modernen Zeit angesehen. Professor Dumbledore ist besonders berühmt für seinen Sieg über den dunklen Zauberer Grindelwald im Jahre 1945, für die Entdeckung der zwölf Anwendungen von Drachenblut und seiner Arbeit in der Alchemie mit seinem Partner Nicolas Flamel. Professor Dumbledore liebt Kammermusik und Bowling. Harry drehte die Karte wieder um und stellte erstaunt fest, dass Dumbledore verschwunden war. „Er ist weg!“ „Ja, das kommt vor. Bei magischen Bildern bewegen sich die abgebildeten Personen. Ich hab gesehen, dass das bei Muggel-Bildern nicht so ist“, erzählte Draco, schob sich einen Pfefferkobold in den Mund und seine Ohren rauchten heftig. „Ich muss sagen, dass Muggel-Bilder auch ganz cool sind. Vor allem, wenn die Leute so lustige Gesichter machen und das dann für immer auf dem Bild so zu sehen ist!“ Er kicherte vergnügt und schob sich den nächsten Kobold nach. Harry betrachtete weiterhin gespannt, wann Dumbledore wieder auftauchen würde. „Schon, aber sich bewegende Bilder – das ist schon sehr viel cooler, finde ich.“ Gemeinsam packten sie weiter Schokofrösche aus, und Harry sah sich begeistert die vielen kleinen Porträts an, während Draco sich die Frösche einverleibte. Kurze Zeit später hatte Harry eine ansehnliche Sammlung an Karten, die Draco schon alle besaß – für ihn war leider keine neue dabei gewesen. Als Harry sich endlich von den Bildern losreißen konnte, fiel sein Blick auf die Tüte mit Bertie Botts Bohnen in jeder Geschmacksrichtung und öffnete sie. „Jede Geschmacksrichtung, Harry. Damit meinen sie auch jede.“ Draco grinste verschlagen. „Jede?“, fragte Harry nach und betrachtete eine der Bohnen genauer. „Ja, jede.“ „Auch ekelige Sachen?“ „Auch ekelige Sachen. Probier schon.“ Auffordernd nickte Draco ihm zu. Harrys Bohne war grün, vorsichtig biss er ein Stück ab und verzog das Gesicht. „Rosenkohl …“ Draco lachte. „Hätte schlimmer sein können, glaub mir.“ Mit den Bohnen konnten sie sich gut die Zeit vertreiben, sie hatten leckere Sorten wie Kokos oder Erdbeere, aber auch gewöhnungsbedürftiges wie Gras oder Sardine. Harry traute sich sogar an einer merkwürdig grauen Bohne zu knabbern, die Draco mit gerümpfter Nase noch nicht einmal anfassen wollte. Die vorbeiziehende Landschaft veränderte sich, die gehegten Felder wurden von wilder Natur abgelöst. Nun sah man Wälder, gewundene Flüsse und dunkelgrüne Hügel. Jemand klopfte an die Tür und der rundgesichtige Junge, den Harry am Bahnsteig gesehen hatte, kam herein. Er sah verweint aus. „Entschuldige“, sagte er, „aber habt ihr meine Kröte gesehen?“ Als die beiden ihre Köpfe schüttelten, jammerte er: „Ich hab ihn verloren! Er haut mir ständig ab!“ „Er wird schon wieder auftauchen“, sagte Harry. „Ja“, sagte der Junge kläglich. „Also, falls ihr ihn seht …“ Schon war er wieder weg. „Wer kauft sich denn heutzutage noch eine Kröte … Katzen kann ich ja noch einsehen, hab ja auch eine statt einer Eule. Er heißt Trjegul“, Draco deutet nach oben, wo sie seinen Kater verstaut hatten „und ist sehr verschmust, hab ihn schon seit seiner Geburt von vor sechs Jahren.“ Von Trjegul war allerdings nur flauschiges, schwarzes Fell zu sehen, er hatte sich eingerollt und den beiden den Hintern zugewandt. „Hagrid hat mir zum Geburtstag eine Schneeeule geschenkt, Hedwig.“ „Das ist ein echt cooles Geschenk. Ja, Eulen sind super nützlich, wegen der Briefe und so, aber ich weiß, dass Hogwarts den Schülern Eulen zur Verfügung stellt, also verpasse ich so gesehen nicht viel.“ Harry lehnte sich vollgefuttert zurück und strich sich über den Bauch, da kam ihm der Gedanke, dass er gerne einen von Dracos Zaubersprüchen üben könnte. „Wie hieß der eine noch mal? Reparo?“ Draco nickte, er stand auf dem Sitz und stupste Trjegul an, aber der brummte nur träge. Harry zog sich die Brille von der Nase, legte sie ab und wollte gerade den Zauberstab schwingen, als die Tür erneut geöffnet wurde und Draco beinahe vom Sitz fiel. Der Junge ohne Kröte war zurück, aber nun war er in Begleitung eines Mädchens. Sie trug bereits die Schuluniform. „Habt ihr vielleicht eine Kröte gesehen?“, fragte sie. Ihre Stimme hatte einen befehlshaberischen Ton, sie hatte buschige Haare und große Hasenzähne. Sie betrachtete Draco, der sich fluchend am Gepäckträger oben festhielt und runzelte die Stirn. „Was tust du denn da?!“ „Sport“, brummte Draco und ließ sich zurück auf seinen Sitz fallen. „Und außerdem haben wir ihm schon gesagt, dass wir seine Kröte nicht gesehen haben.“ Aber das Mädchen hörte ihm schon gar nicht mehr zu, sondern hatte ihre Aufmerksamkeit auf Harrys Zauberstab gerichtet. „Du zauberst also? Na, dann lass mal sehen.“ Sie setzte sich ihm gegenüber, Harry würde am liebsten in seinen Sitz versinken. Der Zauber hatte beim letzten Versuch nicht geklappt und jetzt dabei beurteilt zu werden, war sicherlich nicht zuträglich zu seinem Erfolg. „Okay, ich probier’s …“ Er richtete seinen Zauberstab auf seine Brille. „R-Reparo …“ Immerhin wurden ein paar Funken versprüht. Verlegen setzte Harry die mit Tesafilm geklebte Brille wieder auf. „Tja, das hat wohl noch nicht so gut geklappt, was? Ich hab auch ein paar einfache Zaubersprüche ausprobiert und bei mir haben sie alle funktioniert. Niemand in meiner Familie hat Zauberkräfte, sie waren alle sehr überrascht, als ich meinen Brief bekommen hab. Aber ich war natürlich sehr erfreut, es ist schließlich die beste Schule für Zauberei überhaupt, hab ich gehört. Natürlich hab ich alle unsere Schulbücher auswendig gelernt, ich hoffe, das reicht aus – ich bin Hermine Granger, nebenbei bemerkt, und wer seid ihr?“ Sie sagte all das erschreckend schnell. Harry warf einen Blick zu Draco und war erleichtert zu sehen, als dieser ein bestürztes Gesicht machte und offenkundig ebenfalls nicht die Schulbücher auswendig gelernt hatte. „Ich bin Draco Malfoy“, stellte er sich mit geradem Rücken vor und streckte Hermine die Hand entgegen, die sie nickend entgegen nahm und begeistert schüttelte. „Harry Potter“, sagte Harry. „Wirklich?“, sagte Hermine. „Natürlich weiß ich alles über dich – ich hab ein paar Extra-Bücher für Hintergrundwissen und du bist in Moderne Geschichte der Zauberei und Aufstieg und Niedergang der dunklen Künste und Große Chronik der Zauberer des zwanzigsten Jahrhunderts.“ „Bin ich?“, sagte Harry und fühlte sich benommen. „Du liebes bisschen, du weißt das nicht? Ich hätte alles über mich herausgefunden, wenn ich du wäre“, sagte Hermine. „Wisst ihr schon, in welchen Häusern ihr sein werdet? Ich hab etwas herumgefragt und ich hoffe, ich lande in Gryffindor, scheint wohl das Beste von allen zu sein. Ich hab gehört Dumbledore selbst war ein Gryffindor, aber Ravenclaw soll wohl auch nicht schlecht sein …“ „Ravenclaw ist besser, wenn du mich fragst“, sagte Draco gelassen. „Gryffindor … Na ja … Mutig ist gefühlt die einzige Eigenschaft … Weisheit klingt schon mehr nach dir, meinst du nicht auch?“ Da Harry keine Ahnung von den Häusern hatte, konnte er zu dem Thema nichts sagen und hoffte, dass Hermine ihn nicht löchern würde, in welchem Haus er gerne wäre. Hermine dachte über Dracos Worte nach. „Meinst du …?“ „Meine Familie besteht seit Jahrhunderten nur aus Hexen und Zauberer, wer sollte das besser wissen als ich“, meinte Draco gebieterisch und reckte die Nase in die Luft. „Du bist doch sehr klug, oder etwa nicht?“ Hermines Wangen färben sich leicht rosa. „Nun, ich werde darüber nachdenken … Aber jetzt müssen wir weiter nach Nevilles Kröte suchen. Ihr solltet euch umziehen, wir werden wohl bald da sein.“ Mit diesen Worten, noch immer etwas pink im Gesicht, verließ sie das Abteil, zusammen mit Neville. „Ich will nach Gryffindor, weißt du, Harry. Und die da möchte ich nach Möglichkeit nicht um mich haben, wenn’s geht“, murmelte Draco zu Harry aus dem Mundwinkel und zwinkerte ihm zu. „Ist ein bisschen gemein, ihr deswegen ein anderes Haus aufzuschwatzen, meinst du nicht?“, sagte Harry. Er musste zugeben, Hermine wirkte anstrengend, aber ihr deswegen Gryffindor auszureden wäre ihm nicht in den Sinn gekommen. Draco winkte ab. „Ravenclaw ist ein gutes Haus. Wenn ich hätte gemein sein wollen, hätte ich ihr Slytherin schmackhaft gemacht.“ „Weil Voldemort ein Slytherin war?“, dachte Harry laut nach, Draco zog scharf die Luft ein. „Was ist?“ „Du hast seinen Namen gesagt!“, flüsterte er energisch und sah Harry mit großen Augen an. „Oh, ich versuche nicht mutig zu sein, oder so, nur, weil ich seinen Namen sage“, beeilte sich Harry zu sagen. „Ich wusste einfach nicht, dass man das nicht macht. Das ist es, was ich meinte, dass ich so viel noch lernen muss …“ „Schon, aber wenn jemand seinen Namen sagen darf, dann wohl du. Immerhin hast du ihn besiegt, oder so ähnlich“, meinte Draco und blickte nach oben, weil Trjegul sich umdrehte. „Keine Ahnung, ich erinnere mich an nichts, nur viel grünes Licht.“ Draco entschied nachdenklich: „Ist wohl auch besser so.“ Harry nickte. „Wahrscheinlich … Sag mal … Was machen eigentlich deine Eltern? Beruflich, meine ich.“ Er fragte sich, was Hexen und Zauberer so machten, wenn sie mit der Schule fertig waren. „Ach, mein Dad arbeitet nicht, wozu auch“, sagte Draco und grinste schief. „Muss er nicht Geld verdienen?“, wunderte sich Harry. „Nee, ich hab doch gesagt, meine Familie ist wohlhabend. Die hat über Jahrhunderte ein Vermögen angehäuft. Aber mein Dad sammelt seit Jahren mit Leidenschaft lauter Muggelkram und zaubert daran herum. Unser Haus ist voll mit den ulkigsten Sachen, die Hälfte davon tut Dinge, die sie sicher nicht tun sollten …“ „Oh, okay. Und deine Mum?“ „Die arbeitet, weil sie will. Als Fluchbrecherin, freiberuflich, aber manchmal auch für Gringotts. Da fällt mir ein, hast du davon gehört? In Gringotts soll einer versucht haben einzubrechen!“ Harry starrte ihn an. „Wirklich? Was ist aus denen geworden?“ „Nichts, deswegen ist das ja auch so ne große Sache. Sind nicht gefasst worden. Mein Dad meinte, das muss ein mächtiger, dunkler Zauberer oder eine Hexe gewesen sein, aber es wurde nichts gestohlen, das ist der merkwürdige Teil daran. Da geht allen die Düse, wenn so was passiert, haben Angst, Du-weißt-schon-wer könnte dahinter stecken.“ Harry dachte über diese Neuigkeiten nach. Er spürte, dass sich allmählich ein Gefühl der Angst einstellte, wenn es um du-weißt-schon-wer ging. Er vermutete, das gehörte dazu, wenn man Teil der Zauberer-Welt wurde, aber es war angenehmer gewesen, einfach „Voldemort“ sagen zu können, ohne sich Sorgen machen zu müssen. „Wir sollten dir in Zukunft ein Quidditch-Team aussuchen, ich schätze, du hast noch keins, oder?“, fragte Draco, um das Thema zu wechseln. „Nein, leider nicht. Hagrid hat mir nur gesagt, dass Quidditch euer Sport ist und … äh, vier Bälle hat?“, versuchte Harry sich verlegen lächelnd zu erinnern. Sein Kopf quoll allmählich über vor lauter neuen Informationen. „Wie ich schon sagte, bestes Spiel überhaupt, aber dafür kennst du wohl Fußball und kannst mir sagen, ob das ein toller Sport ist.“ Harry zuckte mit den Schultern. „Es ist schon okay. Ich war nicht sonderlich gut darin und hab’s auch nicht wirklich geschaut.“ „Oh, schade. Da geht die Hoffnung von meinem Dad dahin“, sagte Draco seufzend. „Wieso?“ „Weil er gehofft hat, er kann dich über Fußball ausquetschen.“ „Ach so, tja … Ich kann’s ihm erklären, aber das war’s auch schon“, sagte Harry entschuldigend. „Aber mich interessiert Quidditch wirklich. Kannst du’s mir genauer erklären?“ „Na klar!“, sagte Draco enthusiastisch und erzählte Harry alles über die vier Bälle, die Aufgaben der sieben Spieler, beschrieb berühmte Spiele, die er mit seiner Familie und Freunden gesehen hatte und welcher der schnellste Besen war. Er war gerade dabei, mehr ins Detail zu gehen, als die Abteiltür erneut aufgezogen wurde, aber es war nicht Neville, der krötenlose Junge oder Hermine Granger. Vier Jungen kamen herein, Harry erkannte sie sofort wieder. Es handelte sich um die Söhne der rundlichen Frau, denen er durch die Mauer gefolgt war. Der Junge, der in Harrys Alter war und Ron hieß, betrachtete Harry mit sehr viel größerem Interesse als noch am Bahnhof von King’s Cross. „Hab gehört, Harry Potter ist in diesem Zugabteil. Das musst dann wohl du sein, denn der da“, Ron nickte zu Draco „ist es sicher nicht.“ „Ja“, sagte Harry. Er warf einen Blick auf die Zwillinge, die rechts und links neben Ron standen und etwas Gehässiges an sich hatten und dahinter der Älteste, Percy, der damit beschäftigt war, ein Abzeichen auf seiner Brust zu polieren. „Meine Brüder, weißt du ja“, sagte Ron. „Wollten natürlich mitkommen, sich einen Überblick verschaffen. Wir sind die Weasleys, bin Ron, falls du’s nicht mehr weißt.“ Draco schnaubte leise. Ron warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Passt dir was nicht?! Wer du bist, weiß ich genau! Siehst genauso aus wie dein Muggel liebender Vater. Mein Dad hat mir alles über euch erzählt. Wieso werft ihr eure Zauberstäbe nicht weg und verschwindet in die Muggel-Welt, wenn ihr sie so toll findet?“ Die Zwillinge keckerten, Percy lächelte schmallippig. Ron wandte sich Harry zu bevor Draco antworten konnte. „Du wirst bald merken, dass man manche Zaubererfamilien lieber meiden sollte. Du willst dich doch nicht mit den falschen Leuten anfreunden, oder? Du willst was über die Zauberer-Welt lernen? Da bist du bei uns“, Ron nickte zu seinen Brüdern, „wesentlich besser aufgehoben, als bei diesem Inzucht-Heini und seinen trotteligen Eltern.“ Ron hielt ihm selbstsicher lächelnd seine große Hand entgegen, aber Harry nahm sie nicht an. „Wer die falschen Leute sind entscheide ich lieber selbst, danke“, antwortete Harry kühl. Ron schnalzte verärgert mit der Zunge und zog seine Hand zurück. „Ich wäre vorsichtig, wenn ich du wäre, Potter“, knurrte er. „Muggel sind gefährlich, wir müssen uns von ihnen fernhalten und nicht“, er warf einen vernichtenden Blick zu Draco „ihnen hinterherlaufen und denken, sie wären unsere besten Freunde!“ „Muggel sind nicht gefährlich“, kam es von Harry und Draco gleichzeitig, beide waren aufgestanden. „Ihr seid Kinder, was wisst ihr schon“, kam es plötzlich von weiter hinten. Percy hatte aufgehört sein Abzeichen zu polieren und sah geradezu mitleidig zu Harry und Draco hinüber. „Ihr geht jetzt besser“, sagte Harry und klang wesentlich mutiger als er sich eigentlich fühlte. Gegen vier Jungen hatten Draco und er keine Chance. „Wir waren zu langsam, hat zu viel Zeit mit Malfoy verbracht“, murmelte Fred (oder George?) George zu (oder war es Fred?). „Kommt, Jungs. Ich bin Vertrauensschüler, ich kann jetzt keinen Ärger gebrauchen, nicht zu Beginn meiner Karriere“, entschied Percy gebieterisch und schob seine Brüder aus dem Abteil. „Percy, du bist Vertrauensschüler?“, sagte einer der Zwillinge gespielt verwundert. „Hattest du gar nicht erwähnt! Oder doch?“ „Vielleicht ein, zwei Mal“, pflichtete sein Zwilling ihm bei. „Oder den ganzen Sommer über …“ Ron kicherte darüber und folgte seinen Brüdern nach draußen. „Lasst das! Ihr Kindsköpfe! Verschwindet in euer Abteil! Und ich muss meinen Rundgang machen, und wehe, ihr macht Ärger!“, fauchte Percy und scheuchte alle drei den Gang entlang. Kurze Zeit später steckte Hermine Granger wieder ihren Kopf durch die Abteiltür. „Was war denn los? Ein Haufen Rothaariger war auf dem Weg zu euch …“ Draco ließ sich wieder auf seinen Sitz fallen, seine blassen Wangen waren gerötet vor Zorn. „Du kennst die Pappnasen?“, fragte er Harry mit bebender Stimme. Harry erzählte ihm, wie er die Weasleys im Bahnhof von King’s Cross getroffen hatte. „Mein Dad hat mir von denen erzählt“, brummte Draco finster. „Sie mögen keine Muggel, nein, sie hassen sie regelrecht, und wenn es nach ihnen ginge, dann dürften Kinder aus Muggelfamilien nicht nach Hogwarts.“ Er wandte sich Hermine zu. „Was gibt’s denn, Mine?“ „Ihr zieht euch jetzt wohl besser um. Ich war vorhin beim Fahrer und der meinte, dass wir bald ankommen. Ihr habt euch doch nicht geschlagen, oder? Ihr bekommt noch Ärger, bevor wir überhaupt angekommen sind!“ „Nein, nur geredet“, sagte Draco wahrheitsgemäß. „Ich weiß, Harry und ich sehen toll aus, aber könntest du uns alleine lassen, damit wir uns umziehen können?“ Hermines Wangen wurden ein bisschen pink. „Du bist so eingebildet! Na gut, ich bin nur hier reingekommen, weil die Leute sich draußen total kindisch benehmen, rennen die Gänge auf und ab“, sagte Hermine naserümpfend. „Die Schüler aus Ravenclaw sind nie kindisch, das weiß ich genau“, merkte Draco breint grinsend an. „Wenn du das sagst. Deine Muggelkleidung ist total hinüber, deine Hose hat Löcher, hat dir das noch keiner gesagt?“ Während sie ging, rief Draco ihr nach: „Das soll so sein! Die Muggel im Dorf haben gesagt, da gehören Löcher in die Hose!“ Als sie weg war und die Tür ins Schloss gefallen war, wandte er sich Harry zu. „Haben sie wirklich. Die haben mich doch nicht verulkt, oder?“, fragte Draco ihn und seine Ohren färbten sich leicht pink. „Manche Muggel mögen das, ja. Soll verwegen aussehen.“ „Und, äh …“ Draco kratzte sich verlegen im Nacken. „Was denkst du?“ Harry zuckte mit den Schultern. „Ich hatte ausschließlich Dudleys abgelegte Klamotten. Löcher waren mein geringstes Problem. Für mich siehst du voll okay aus.“ „Oh, gut.“ Draco zog sich erleichtert um und Harry tat es ihm gleich. Draußen wurde es allmählich dunkel. Harry konnte Berge und Wälder unter einem tief-violetten Himmel sehen. Der Zug wurde zusehends langsamer. Eine Stimme hallte durch die Gänge: „Wir erreichen Hogwarts in fünf Minuten! Bitte lasst euer Gepäck im Zug, es wird separat zur Schule gebracht!“ Harry bekam vor Nervosität einen Krampf im Magen und Draco war, erneut zu Harrys Erstaunen, wieder um einiges blasser geworden. Sie stopften ihre Taschen mit den letzten Süßigkeiten voll und schlossen sich den anderen Schülern an, die sich im Gang tummelten. Der Zug kam mit einem Rumpeln zum Stehen. Die Schüler schoben sich nach draußen, Harry und Draco wurden nach draußen geschoben und befanden sich auf einem winzigen, dunklen Bahnsteig. Harry zitterte in der kalten Luft. Eine Lampe tauchte über den Köpfen der Schüler auf und eine vertraute Stimme rief: „Erstklässler! Erstklässler, hier rüber! Alles klar bei dir, Harry?“ Hagrids großes, haariges Gesicht strahlte über den See aus Köpfen zu Harry hinüber. „Kommt schon, folgt mir – noch Erstklässler über? Passt auf, wo ihr hintretet! Erstklässler, folgt mir!“ Schliddernd und stolpernd folgten sie Hagrid einem steilen, schmalen Pfad. Neville, der Junge, der ständig seine Kröte verlor, schniefte ein- zweimal. „Ihr könnt in’n paar Sekunden euren ersten Blick auf Hogwarts werfen“, rief Hagrid über seine Schulter, „bloß noch hier um die Kurve rum.“ Ein lautes „Oooooh!“ war zu hören. Der schmale Pfad endete am Ufer eines großen, schwarzen Sees. Auf der anderen Seite thronte auf der Spitze eines hohen Berges ein riesiges Schloss mit unzähligen Türmen, seine Fenster funkelten mit den Sternen um die Wette. „Nich‘ mehr als vier in ein Boot!“, rief Hagrid und deutete auf eine kleine Flotte von Booten am Ufer. Harry und Draco teilten sich mit Hermine und Neville eines. „Alle drin?“, brüllte Hagrid, der ein eigenes Boot hatte. „Gut, dann – VORWÄRTS!“ Die Flotte bewegtet sich mit einem Mal über den See, dessen Oberfläche spiegelglatt war. Alle schwiegen und starrten zu dem Schloss hoch. Schließlich erreichten sie die Klippe des Berges und Hagrid rief: „Köpfe runter!“ Sie alle zogen die Köpfe ein und die Boote trugen sie durch einen Vorhang aus Efeu, welche einen großen Eingang in der Klippe verdeckten. Sie fuhren durch einen dunklen Tunnel und erreichten schließlich eine Art Untergrund-Hafen, wo sie alle ausstiegen. „Ey, du da! Is‘ das deine Kröte?“, fragte Hagrid, der die Boote überprüfte, während alle ausstiegen. „Trevor!“, schrie Neville glückselig und streckte seine Hände nach seinem Haustier aus. Anschließend stiegen sie einen Gang im Fels hoch und kamen oben im Schatten des Schlosses an. Sie stiegen einige Treppen hinauf und sammelten sich alle an einem riesigen Portal aus Eichenholz. „Alle da? Du da, hast deine Kröte noch?“ Hagrid hob seine riesige Faust und klopfte drei Mal an den Torflügel. Kapitel 3: Kapitel 3 – „Gryffindor!“ ------------------------------------ Das Portal wurde augenblicklich geöffnet. Eine großgewachsene Hexe mit schwarzen Haaren und smaragdgrüner Robe kam zum Vorschein. Sie machte einen sehr ernsten Eindruck und Harry hatte das Gefühl, mit ihr war nicht gut Kirschen essen. „Die Erstklässler, Professor McGonagall“, sagte Hagrid. „Danke, Hagrid. Ich übernehme ab hier.“ Sie folgten Professor McGonagall ins Schloss, sie führte die Schar in eine kleine Kammer und wandte sich dort ihnen zu. „Willkommen in Hogwarts. Das Eröffnungsbankett wird in Kürze beginnen, doch bevor ihr eure Plätze in der Großen Halle einnehmen könnt, werdet ihr eurem Haus zugeteilt. Die Haus-Zuteilung ist eine sehr wichtige Zeremonie, denn so lange ihr hier seid, wird euer Haus gleichwohl eure Familie sein.“ Harry sah aus dem Augenwinkel, dass sich auf Dracos Gesicht ein freudiges Lächeln ausbreitete. „Ihr werdet mit eurem Hauskameraden den Unterricht besuchen, in euren gemeinsamen Schlafsälen schlafen und eure Freizeit in euren Gemeinschaftsräumen verbringen. Die vier Häuser sind Gryffindor, Hufflepuff, Ravenclaw und Slytherin. Jedes Haus hat seine eigene noble Geschichte und jedes von ihnen hat herausragende Hexen und Zauberer hervorgebracht. Während ihr hier in Hogwarts seid, werden eure Erfolge eurem Haus Punkte einbringen, für das Brechen von Regeln werden eurem Haus Punkte abgezogen werden. Am Ende des Jahres wird das Haus mit den meisten Punkten mit dem Haus-Pokal ausgezeichnet – eine große Ehre. Ich hoffe, dass ein jeder von euch eine Bereicherung für das Haus sein wird, dem ihr in Zukunft angehören werdet. Die Zeremonie wird in wenigen Minuten vor der gesamten Schule abgehalten werden. Ich schlage vor, dass ihr euch nochmal herausputzt so lange ihr hier wartet.“ Ihre Augen ruhten einen kurzen Moment auf Ron Weasley, der einen Fleck auf der Nase hatte und dessen Schulumhang etwas zerknittert aussah. Draco versteckte sein gehässiges Grinsen darüber mehr oder weniger erfolgreich. Harry versuchte nervös sich das Haar glatt zu streichen. „Ich komme euch holen, wenn wir so weit sind“, sagte Professor McGonagall. „Wartet hier bitte leise.“ Sie verließ die Kammer, Harry schluckte. „Wie genau werden wir denn unserem Haus zugeteilt?“, fragte er Draco. „Hab meine Eltern den ganzen Sommer genervt, aber sie wollten es mir einfach nicht verraten! Sie haben nur gesagt, ich soll mir keine Sorgen machen. Wenn ich in ein anderes Haus passe als Slytherin, dann werd ich da schon landen, haben sie gesagt“, flüsterte Draco gequält lächelnd zurück. Er war genauso aufgeregt und nervös wie Harry, wirklich beruhigend fand Harry das nicht. Er sah sich verstohlen um und stellte fest, dass viele andere ebenso bleich und verängstigt aussahen, nur ein paar wenige wirkten völlig gelassen. Er vermutete, dass sie wussten, was ihnen bevor stand, aber Harry konnte sich ja schlecht zu ihnen hinüberschieben und beiläufig fragen, wie die Einsortierung von statten gehen würde. Und während Harry so darüber nachdachte, dass er schlecht den Platz wechseln konnte in dieser engen Kammer, tat ein junges Mädchen mit langen, dunkelbraunen Haaren, braunen Augen und einem frechen Grinsen im Gesicht genau das. „Hey, Drake!“, flüsterte sie und schob sich zwischen Harry und Draco. „Parks, hab mich schon gewundert, wo du steckst …“, murmelte Draco möglichst leise zurück. Dann nickte er mit dem Kinn zu Harry. „Das ist Harry. Harry, das ist Pansy Parkinson.“ Sie wandte sich ihm zu und strahlte. „Hey, endlich treffen wir uns! Hat Drake dir von mir erzählt?“ Harry machte ein entschuldigendes Gesicht. „Er ist noch nicht dazu gekommen.“ Sie zischte Draco verärgert zu. „Du bist nicht dazu gekommen, von deiner besten Freundin zu erzählen?!“ Dracos Wangen färbten sich pink vor Verlegenheit. „Das ist soo nicht ganz richtig …“ Doch er wurde gerettet und zwar in Form von einer Schar Geistern, die plötzlich durch die Wand marschierten und in eine Diskussion vertieft waren. Die Erstklässler erschreckten sich zu Tode. Ein Geist, der aussah wie ein fetter Mönch, widmete sich den Schülern, als ihm diese auffielen und wünschte ihnen viel Glück. Kurz darauf kehrte Professor McGonagall zurück. „Die Zeremonie kann nun beginnen. Bildet eine Schlange und folgt mir“, sagte sie streng. Auf wackligen Knien sortierte Harry sich zwischen Pansy und Draco ein und gemeinsam verließen sie alle die Kammer. Sie marschierten wieder durch die Eingangshalle und anschließend durch die nun geöffnete Flügeltür zur Großen Halle. Was Harry dort zu sehen bekam übertraf seine kühnsten Vorstellungen. Die Halle wurde von tausendenden und abertausenden Kerzen beleuchtet, die frei in der Luft über vier langen Tischen schwebten, wo die restlichen Schüler bereits erwartungsvoll saßen. Vorne an der Halle befand sich ein weiterer langer Tisch, wo die Lehrer saßen. Als sie vorne angekommen waren, richtete Harry seinen Blick nach oben, hauptsächlich, um den unzähligen Augenpaaren zu entkommen, die ihn und die anderen Erstklässler neugierig beäugten. Über ihm befand sich ein samtschwarzer, sternenübersäter Himmel. Er hörte Hermine flüstern: „Die Decke ist verzaubert, damit sie so aussieht wie der Himmel draußen. Ich hab darüber gelesen, in Geschichte Hogwarts.“ Professor McGonagall hatte in der Zwischenzeit einen Schemel hingestellt. Auf den Stuhl selbst legte sie einen spitzen Zaubererhut. Er war geflickt, fransig und ziemlich schmutzig. Harry dachte darüber nach, dass sie vielleicht ein Kaninchen aus dem Hut zaubern sollten als ihm auffiel, dass alle gespannt den Hut anstarrten. Für einige Sekunden herrschte Totenstille, dann zuckte der Hut. Ein Riss nahe der Krempe öffnete sich wie ein Mund – und der Hut begann zu singen. Er sang davon, dass er in ihre Köpfe sehen konnte und von den Eigenschaften der vier Häuser. Gryffindor bevorzugte mutige Schüler, die vor nichts zurückschreckten. Hufflepuff loyale, hart arbeitende und faire Zeitgenossen. Ravenclaw schätze Weisheit und Wissbegier, in Slytherin fände man seine wahren Freunde und seien hinterlistig und bereit alles zu tun, um ihre Ziele zu erreichen. Als das Lied geendet hatte, brach die Halle in lauten Applaus aus. „Was, wir müssen nur einen ollen Schlapphut aufsetzen?“, flüsterte Pansy energisch Draco und Harry zu. „Und das konnten uns unsere Eltern nicht sagen?! Ich werd meiner Mum was erzählen, wenn ich meinen Brief schreibe …!“ Harry lächelte schwach über Pansys geflüsterten Wutausbruch. Nur den Hut aufsetzen klang machbar und umsetzbar für ihn. Er hatte schon befürchtet, vor der gesamten Schule zaubern zu müssen. Allerdings würde er es bevorzugen, wenn er den Hut alleine aufsetzen konnte, ohne, dass ihm die gesamte Schule dabei zusah. Er dachte noch einmal über die Eigenschaften der vier Häuser nach und fühlte sich weder mutig, noch schlau oder loyal, ganz zu schweigen von hinterlistig. Wenn es ein Haus gäbe, deren Eigenschaft daraus bestand, sich mulmig zu fühlen – das wäre das richtige Haus für ihn. Professor McGonagall trat vor und entrollte ein langes Stück Pergament. „Wenn ich euren Namen aufrufe, werdet ihr euch auf den Stuhl setzen, den Hut aufsetzen und in euer Haus eingeteilt. Abbott, Hannah!“ Ein pinkgestichtiges Mädchen mit blonden Zöpfen stolperte nach vorne, setzte sich den Hut auf, der ihr sofort über die Augen rutschte und hockte sich hin. Nach wenigen Momenten rief der Hut laut: „HUFFLEPUFF!“ Der Tisch zur rechten jubelte und klatschte, als Hannah darauf zustürzte und sich an den Hufflepuff-Tisch setzte. Nach und nach wurden Schüler aufgerufen und in ihre Häuser eingeteilt. Harry fühlte sich von Sekunde zu Sekunde schlechter. Er musste an den Schulsport denken und daran, dass er immer als Letzter aufgerufen wurde. Nicht, weil er schlecht in Sport war, sondern weil niemand bei Dudley den Eindruck erwecken wollte, dass jemand Harry mochte. Ihm fiel auf, dass der Hut manchmal das Haus sofort ausrief, bei anderen Schülern jedoch etwas länger brauchte. Seamus Finnigan saß fast eine ganze Minute auf dem Stuhl, bis der Hut ihn nach Gryffindor schickte. „Granger, Hermine!“ Sie rannte förmlich zum Stuhl und zog sich begierig den Hut über den Kopf. Hermine war eine der Schülerinnen, wo der Hut mit am längsten brauchte. Ganze vier Minuten saß sie auf dem Stuhl, die Halle wurde allmählich nervös und flüsterte, als der Hut schließlich laut verkündete: „RAVENCLAW!“ Draco grinste Harry selbstzufrieden zu. Sein Plan war aufgegangen, nun musste er nur noch zusehen, nicht selbst in Ravenclaw zu enden. Harry lächelte gequält, er hatte ganz andere Sorgen im Moment. Ihm war ein schrecklicher Gedanke gekommen: was, wenn er den Hut aufsetzte und wartete und wartete, aber nichts geschah, bis Professor McGonagall ihm den Hut vom Kopf riss und verkündete, dass hier wohl ein Fehler unterlaufen sein musste und er zurück zu den Dursleys geschickt werden müsse. Neville Longbottom wurde aufgerufen, der auf dem Weg zum Stuhl sich beinahe der Länge nach hinlegte. Auch bei Neville ließ der Hut sich lange Zeit, bis er endlich: „HUFFLEPUFF!“, verkündete. Samt Hut auf dem Kopf wollte Neville schon zum entsprechenden Tisch hetzen, als man ihn zurückrief und er peinlich berührt den Hut an Morag MacDougal weiterreichte. Nach Morag (sie kam nach Ravenclaw) war Draco Malfoy an der Reihe. Bleich wie ein Bettlaken schlich er nach vorne, setzte sich und der Hut rutschte auch ihm über die Augen. Die Zeit verging, die Minuten tickten dahin. Eine Minute verging, zwei Minuten, drei Minuten, vier Minuten … Professor McGonagall hob erwartungsvoll die Augenbrauen, nach fünf Minuten, was sich für Draco wie eine Unendlichkeit angefühlt haben musste, rief der Hut schließlich und endlich: „GRYFFINDOR!“ Der Tisch ganz links brach in Jubel aus, Draco grinste erleichtert, aber auch stolz zu Harry und Pansy und machte sich mit wackeligen Knien auf zum Gryffindor-Tisch. Pansy strahlte und reckte ihm ein Daumen-Hoch entgegen. Viele Schüler waren nun nicht mehr übrig. Dann war Pansy Parkinson an der Reihe. „Wünsch mir Glück!“, flüsterte sie Harry aufgeregt zu und stolzierte nach vorne. Bei ihr jedoch fiel die Entscheidung des Hutes weitaus schneller aus als bei Draco. „GRYFFINDOR!“ Pansy warf jubelnd die Fäuste in die Luft und eilte zu Draco hinüber, der ihr mit pinken Wangen Platz machte und ihr schwungvoll auf den Rücken klopfte, als sie sich neben ihm fallen ließ. Harry war nun speiübel. Draco war sein einziger Freund, Pansy schien ebenfalls eine gute Seele zu sein, und die Vorstellung, in einem anderen Haus wieder bei null anfangen zu müssen, trieb Harry die Galle in den Mund. „Potter, Harry!“ Er trat vor, lautes Geflüster erhob sich in der Halle, Draco und Pansy sahen ihm gespannt zu. „Hat sie Potter gesagt?“ „Der Harry Potter?“ Das Letzte, was Harry sah, waren Schüler, die ihre Hälse reckten, um einen guten Blick auf ihn erhaschen zu können. Dann blickte er nur noch auf das schwarze Innere des Hutes. „Hm“, sagte eine leise Stimme in sein Ohr. „Schwierig. Sehr schwierig. Sehr viel Mut sehe ich. Ein kluger Kopf bist du. Da ist Talent, oh ja – und der Drang sich zu beweisen, wie interessant … Aber wo stecke ich dich hin?“ Harry klammerte sich an den Stuhl und dachte: „Gryffindor, ich will nach Gryffindor!“ Seine Gedanken wanderten zu Draco und Pansy, alles, was er wollte, war bei seinen neuen Freunden sein – jetzt, wo er endlich welche hatte! „Gryffindor, was?“, sagte die leise Stimme. „Bist du sicher? Du könntest groß sein, in Slytherin, es ist alles da, in deinem Kopf. Und Slytherin wird dir auf dem Weg zu wahrer Größe helfen, keine Frage. Nun, wenn du dir so sicher bist – dann wohl besser GRYFFINDOR!“, rief der Hut das letzte Wort laut in die Große Halle. Harry zog sich zitternd den Hut vom Kopf und ging mit weichen Knien zum Gryffindor-Tisch. Er war so erleichtert, einem Haus zugeteilt worden zu sein, und auch noch dem, wo sich seine neuen Freunde befanden, dass ihm gar nicht auffiel, dass er den meisten Applaus überhaupt einheimste. Pansy war aufgerückt, so dass Harry sich zwischen ihr und Draco setzen konnte, beide grinsten von einem Ohr zum anderen und beglückwünschten ihn lauthals wie der Rest des Tisches. Ein älterer Schüler, der dasselbe Abzeichen an der Brust trug wie Percy Weasley, schüttelte breit grinsend Harrys Hand. „Dandelion Greengrass, alle nenne mich Danny, Vertrauensschüler von Gryffindor! Willkommen, Potter! Willkommen!“ Er hatte kurze, leicht gelockte dunkelblonde Haare, freundliche braune Augen und ebenmäßige Gesichtszüge. Harrys Blick schweifte zum Slytherin-Tisch und fiel ihm auf, dass Rons ältere Brüder alle Teil dieses Hauses waren. Die Zwillinge Fred und George buhten lauthals, Percy schüttelte missbilligend den Kopf und schaute finster drein. Er wandte sich von den Slytherins ab und blickte zum Lehrertisch, er erkannte Hagrid, der ihm einen Daumen-Hoch gab – Harry grinste zurück. Dort, in der Mitte des Tisches auf einem großen, goldenen Stuhl, saß Albus Dumbledore. Harry erkannte ebenso Professor Quirrell, der nervöse junge Mann aus dem Tropfenden Kessel. Er sah sehr eigen aus, mit seinem großen, lilafarbenen Turban. Nur noch drei Schüler waren übrig, die einsortiert werden mussten. Lisa Turpin wurde eine Ravenclaw und schließlich war Ron Weasley an der Reihe. Zu Harrys Vergnügen war er ebenfalls ziemlich nervös und blass, als er nach vorne stolperte, um sich den Hut aufzusetzen. Er hoffte inständig, dass Ron nicht nach Gryffindor kam, zu seiner Erleichterung verkündete der Hut in kürzester Zeit „SLYTHERIN!“ Fred und George jubelten lauthals, Percy nickte zufrieden und schüttelte Ron die Hand und sprach davon, dass er sehr stolz auf seinen kleinen Bruder sei. Blaise Zabini wurde ebenfalls ein Slytherin und trottete gemächlich zu den Weasleys. Professor McGonagall rollte das Pergament ein und räumte Stuhl als auch Sprechenden Hut fort. Harry spürte seinen Magen knurren, die Kürbisspasteten, die er im Zug gegessen hatte, schienen eine Ewigkeit her zu sein. Albus Dumbledore stand auf. Er strahlte die Schüler an, seine Arme weit ausgebreitet. „Willkommen!“, sagte er. „Willkommen zu einem neuen Jahr in Hogwarts! Bevor wir unser Bankett beginnen, möchte ich ein paar Worte an euch richten. Und hier sind sie: Schwachkopf! Schwabbelspeck! Krimskrams! Quiek! Danke!“ Er setzte sich wieder, alle klatschten und jubelten. Harry wusste nicht, ob er lachen sollte, Draco grinste jedenfalls breit und Pansy flüsterte Harry zu: „Bester Mann, Harry. Bester Mann!“ „Ist er – ein bisschen verrückt?“, fragte Harry Danny unsicher. „Verrückt?“, sagte er. „Was heißt schon Verrückt, meinst du nicht? Er ist ein Genie, ohne Frage. Genies sind meistens ein bisschen verrückt, das geht so einher. Kartoffeln, Harry?“ Harry fiel die Kinnlade herunter. Die Platten vor ihm waren wie aus dem Nichts mit Speisen gefüllt. Er hatte noch nie so viele Dinge auf einmal auf einem Tisch gesehen, die er gerne essen würde: Roastbeef, gebratenes Huhn, Schweine- und Lammhaxen, Würstchen, Bacon und Steak, Kartoffeln, Pommes und so weiter und so fort. Das Kurioseste waren allerdings Minzbonbons und noch kurioser die Tatsache, dass Draco sich eine Handvoll davon grabschte. „Ernsthaft?“, rutschte es Harry raus. Draco zuckte mit den Schultern. „Ich liebe Minze, okay? Und du musst es ja nicht essen“, sagte er gut gelaunt und legte die Bonbons neben seinem Teller ab. „Er wäre nach Slytherin gegangen, wenn es da einen lebenslangen Vorrat an Minze –“ Aber Pansys Stichelei wurde von Draco unterbrochen, als er ihr knurrend ein Minzbonbon an die Stirn schnippte. „Hey, lass das, Draco!“, mahnte Danny, doch Harry sah sehr wohl, dass er sich ein Grinsen verkniff. Harry machte sich von allem auf den Teller, das er mochte. Die Dursleys ließen ihn nicht hungern, aber auch nie essen, was er wirklich gern hatte, allen voran Dudley. „Das ist echt der Wahnsinn, denkst du nicht auch?“, sagte Harry zu Draco und nahm einen großen Bissen Lammhaxe. Draco brummte. „Jaah, ist ganz okay.“ „Ganz okay?!“ Harry sah seinen Freund erstaunt an. Was aß Draco Malfoy denn sonst, wenn das hier gerade mal als „ganz okay“ durchging?! Draco zuckte mit den Schultern. „Eben ganz okay. Hab schon besser gegessen, aber ist nicht schlecht.“ Als ihm auffiel, dass Harry ihn mit großen Augen ansah, zog er eine Augenbraue hoch. „Was denn?“ Pansy stieß Harry mit ihrem Ellenbogen an. „Hat er dir nicht erzählt, dass seine Alten Geld wie Heu haben?“ „Hab ich ihm, nur zivilisierter!“, schnaubte Draco und beäugte eine Lammhaxe kritisch. „Verstehe“, sagte Harry langsam und hatte eine vage Idee, was Draco unter gutem Essen verstand. Pansy jedoch schien völlig zufrieden. Das Besteck lag vergessen neben ihrem Teller, sie aß ihre Haxen und Pommes mit bloßen Händen. Draco sah ihr aus dem Augenwinkel dabei zu und kräuselte die Nase. Anschließend stellte sich der Fast Kopflose Nick vor, Hausgeist von Gryffindor und jammerte, da der Haus-Pokal nun sechs Jahre in Folge an Slytherin gegangen war. Harry warf wieder einen Blick zu den Slytherins. Ein hagerer Geist mit Blut bespritzter Kleidung saß neben Ron, der, wie Harry zufrieden feststellte, nicht sehr glücklich über die Sitzordnung schien. „Wieso ist der Kerl voller Blut?“, fragte Pansy neugierig. „Hab ihn nie gefragt“, antwortete Nick pikiert. Als alle so viel gegessen hatten wie sie konnten, verschwand das Essen und die Teller und Platten waren so sauber wie zuvor. Einen Augenblick später tauchten Pudding, Blöcke von Eiscreme in allen Geschmacksrichtungen, die man sich nur vorstellen konnte, Apfelkuchen und vieles mehr auf. Harry tat sich etwas Siruptorte auf, als die Gespräche sich am Tisch ihren Familien zuwandten. „Bin halb und halb“, sagte Seamus. „Mein Vater ist’n Muggel. Mam hat ihm nicht gesagt, dass sie ne Hexe ist bis sie verheiratet waren. Hat ihn ganz schön aus den Socken gehauen.“ „Dean, richtig? Wie ist das mit deinen Eltern?“, fragte Draco. „Meine Mum ist ein Muggel. Mein Vater … keine Ahnung. Er ist verschwunden, da war ich noch ein Baby. Wir wissen es nicht“, erzählte Dean und zuckte mit den Schultern. Harry sah neugierig zu Pansy. „Da Draco dich nie so richtig vorgestellt hat –“ „Stimmt!“, rief sie aus und gab Draco einen Klapps auf den Hinterkopf. „Au!“ „Was möchtest du wissen, Harry?“ Er zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht, was du eben erzählen möchtest.“ Sie dachte kurz nach. „Hm. Draco und ich kennen uns schon seit … immer, würde ich sagen. Unsere Eltern sind seit Ewigkeiten befreundet. Sind ein bisschen wie Geschwister aufgewachsen. Wir haben uns immer gegenseitig besucht.“ „Was machen deine Eltern so?“ „Meine Mum arbeitet beim Tagespropheten als Journalistin, mein Dad ist Heiler in Sankt Mungo. Heiler sind wie Muggel-Ärzte, aber besser. Viel besser. Wenn ich so überlege, wie dieser Muggel-Junge mit dem Gips im Dorf rumlaufen musste …“ „Stimmt, Draco hat erzählt, dass ihr immer ins Dorf gegangen seid“, fiel es Harry wieder ein. Pansy nickt. „Jop, wir haben uns mit den Muggel-Kids angefreundet. Das hat einen riesen Spaß gemacht! Ich hab Fahrradfahren gelernt!“ „Du bist in einen Graben gefahren und hast es nie wieder angerührt“, unterbrach Draco sie breit grinsend. Pansy hob das Kinn. „Ich hab fünf Minuten durch gehalten, das zähle ich als Gewinn. Du hast dich nicht mal drauf getraut!“ Pansy und Draco balgten sich daraufhin und schwelgten in Erinnerungen. Harry lehnte sich schläfrig und zufrieden zurück, als sein Blick wieder nach vorn zum Lehrertisch wanderte und sein Blick bei einem fahlgesichtigen Lehrer mit fettigem, schwarzem Haar und einer Hakennase hängen blieb. Es passierte ganz schnell, der hakennasige Lehrer richtete seine schwarzen Augen auf Harry – und ein heißer, scharfer Schmerz schoss durch seine blitzförmige Narbe. „Autsch!“ Harry schlug sich die Hand gegen die Stirn. „Was hast du?“, fragte Draco besorgte, der gerade ein Minzbonbon lutschte. „N-nichts!“ Der Schmerz war genauso schnell vergangen wie er gekommen war. Schwerer abzuschütteln war jedoch der Blick, der ihm dieser Lehrer zugeworfen hatte – Harry hatte das Gefühl, dass der Mann ihn nicht ausstehen konnte. „Wer ist der Lehrer, der sich mit Professor Quirrell unterhält?“, fragte Harry Danny. „Ah, du kennst Quirrell also schon. Der Lehrer neben ihm ist Professor Snape. Er unterrichtet Zaubertränke, aber jeder weiß, dass er hinter dem Posten „Verteidigung gegen die dunklen Künste“ her ist. Er weiß wohl erschreckend viel über die dunklen Künste.“ Harry behielt Snape noch eine Weile im Auge, aber der sah nicht mehr zu ihm hinüber. Schließlich verschwanden auch die Desserts und Dumbledore stand wieder auf. „Nun, noch ein paar Worte, jetzt, wo wir alle gut gefüttert und gewässert sind. Erstklässler mögen bitte zur Kenntnis nehmen, dass der Wald für Schüler verboten ist, und einige ältere Schüler täten gut daran, sich ebenfalls daran zu erinnern.“ Dumbledores funkelnde Augen blitzen zu den Weasley-Zwillingen. „Mr Filch, unser Hausmeister, hat mich ebenfalls darum gebeten euch daran zu erinnern, dass Magie auf den Korridoren nicht gestattet ist. Die Auswahl der Quidditch-Spieler findet in der zweiten Schulwoche statt. Jeder, der Interesse daran hat für sein Haus zu spielen, soll sich bitte bei Madam Hooch melden. Und zum Schluss möchte ich euch mitteilen, dass der Korridor im dritten Stock zur rechten nicht betreten werden darf, außer, ihr wünscht einen sehr qualvollen Tod zu sterben.“ Harry lachte, aber damit war er einer der wenigen. „Das meint er doch nicht ernst, oder?“, murmelte er Danny zu. „Doch, denke schon“, sagte Danny und grinste schief. „Normalerweise sagt er uns auch, was uns umbringen wird. Der Wald ist voller mordlustiger Viecher, das weiß jeder. Er hätte wenigstens uns Vertrauensschülern sagen können, was mit dem Stockwerk los ist.“ „Und nun, bevor wir zu Bett gehen, lasst uns alle noch etwas singen!“, rief Dumbledore. Harry fiel auf, dass das Lächeln der anderen Lehrer aufgesetzt wirkte. Das Lied hatte einen eher lustigen Text und in der Halle herrschte eine Kakophonie an Klängen, da jeder in seiner Lieblingsmelodie singen sollte. Die Weasley-Zwillinge gaben das Lied als Trauermarsch zum Besten. Anschließend wurden sie zu Bett geschickt. Die Gryffindor-Erstklässler folgten Danny durch die schnatternde Menge, raus aus der Großen Halle und eine große, weiße Marmortreppe hinauf. Harrys Beine waren bleischwer, dieses Mal allerdings, weil er so müde und voller Essen war. Er war so schläfrig, dass es ihn noch nicht einmal überraschte, dass die Leute in den Porträts sich bewegten und redeten. Sie bestiegen mehr und mehr Treppen, gähnend und schlurfend; Harry fragte sich schon, wie viel weiter hinauf es noch ging, als sie alle plötzlich anhielten. Ein Paar Gehstöcke schwebten in der Luft über ihnen, als Danny einen Schritt auf sie zuging, stürzten die Stöcke sich auf ihn. „Darf ich vorstellen? Peeves“, erklärte Danny den Erstklässlern. „Ein Poltergeist.“ Er erhob die Stimme. „Peeves, alter Knabe. Wo steckst du?“ Ein lautes Furzgeräusch ertönte. „Na, na, nicht vor den Erstklässlern, das hatten wir doch schon“, sagte Danny milde. Mit einem Plopp tauchte ein kleiner Mann auf, mit fiesen Augen und einem breiten Mund. Mit gekreuzten Beinen schwebte er über ihnen in der Luft und drückte die Gehstöcke an sich. „Oooooh!“, sagte er und kicherte bösartig. „Kleine Erstklässler! Welch ein Spaß!“ Er schoss aus dem Nichts auf sie zu, alle duckten sich. „Lass es gut sein, Peeves. Oder muss ich den Blutigen Baron Bescheid geben?“, sagte Danny ruhig. Peeves streckte ihm die Zunge heraus und verschwand und ließ die Gehstöcke auf Cole Spencers Kopf fallen. „Haltet euch von Peeves lieber fern“, sagte Danny als sie sich wieder in Bewegung setzten. „Der Blutige Baron ist der einzige, der ihn im Griff hat. Er hört auf niemanden sonst. Und da sind wir auch schon.“ Am Ende des Ganges hing das Porträt einer sehr beleibten Frau, gekleidet in einem pinken, seidigen Kleid. „Passwort?“, fragte sie. „Caput Draconis“, sagte Danny, das Porträt schwang zur Seite und gab den Blick auf ein rundes Loch in der Wand frei. Alle quetschten sie sich durch – Draco blieb hängen und wäre beinahe hingefallen, Pansy lachte ihn lauthals aus, er boxte sie anschließend wütend – und schon fanden sie sich alle im Gryffindor-Gemeinschaftsraum wieder. Es war ein gemütlicher, runder Raum, vollgestellt mit knautschigen Sesseln. Danny wies den Mädchen und Jungen den Weg zu ihren getrennten Schlafsälen. Der Weg dorthin bestand aus einer Wendeltreppe – ganz offensichtlich befand sich das Haus Gryffindor in einer der Türme des Schlosses. Im Schlafsaal angekommen, sah Harry fünf Himmelbetten mit tiefroten Samtvorhängen. Ihr Gepäck ist bereits nach oben gebracht worden. Zu müde um sich noch großartig auszutauschen, schlüpften sie in ihre Pyjamas und fielen in die Federn. „Nicht Slytherin … Wenn meine Eltern das hören …“, murmelte Draco und lächelte matt. „Ah, Trjegul. Ja, du kannst auf meinem Bett schlafen. Nein, nicht in die Decke krallen, wie oft muss ich dir das noch sagen?!“ Harry wollte Draco noch fragen, ob seine Siruptorte zu Hause besser schmeckte als die von Hogwarts, aber ihm fielen augenblicklich die Augen zu. Vielleicht hatte Harry zu viel gegessen, denn er hatte einen äußerst merkwürdigen Traum über Quirrells Turban, der ihm sagte, er müsse nach Slytherin wechseln und Draco, der ihm erklärte, sie hätten beide einen Fehler gemacht und müssten tun, was der Turban befahl. Dann war da viel grünes Licht, zitternd und schwitzend wachte Harry auf. Er drehte sich um und schlief wieder ein und als er am nächsten Morgen aufwachte, konnte er sich an den Traum schon gar nicht mehr erinnern. Kapitel 4: Kapitel 4 – „Ruhm ist eben nicht alles …“ ---------------------------------------------------- „Da, schau.“ „Wo?“ „Neben dem blassen Jungen mit den blonden Haaren.“ „Mit der Brille?“ „Hast du sein Gesicht gesehen?“ „Hast du seine Narbe gesehen?“ Das Geflüster verfolgte Harry, sobald er seinen Schlafsaal verlassen hatte. Überall wurde Harry schamlos angestarrt; er wünschte, sie würden das lassen, denn er versuchte verzweifelt seinen Weg zu seinen Klassenräumen zu finden. Es gab 142 Treppen in Hogwarts: große, sich bewegende, schmale, wackelige … manche führten an einem Freitag woanders hin, manche hatten eine Stufe, die verschwand, man musste daran denken darüber zu springen. Dann gab es Türen, die nicht aufgingen, außer, man fragte höflich oder man kitzelte sie an der richtigen Stelle, oder Türen, die gar keine Türen waren, sondern solide Wände, die nur so taten als ob. Alles war in Bewegung, es war wirklich schwer, Hogwarts im Kopf zu behalten. Neben Peeves, der Harry, Draco und Pansy das Leben schwer machte, rasselten sie gleich am ersten Morgen in Mr Filch hinein. Gerettet wurden sie von Professor Quirrell, der zufällig vorbei kam. Mr Filch hatte eine Katze, Mrs Norris, eine schmächtige, staubfarbene Kreatur mit hervorquellenden, lampenartigen Augen. Filch kannte jeden Schleichweg und jede Abkürzung, ihm war die Schule vertraut wie keinem anderen (außer vielleicht den Weasley-Zwillingen, hatte Harry sich sagen lassen). Alle Schüler hassten Filch und wirklich jeder würde Mrs Norris am liebsten einen kräftigen Tritt verpassen. Und der Unterricht war auch ganz anders als Harry erwartet hatte. Um Magie zu erlernen gehörte so viel mehr dazu als nur den Zauberstab zu schwingen und lustige Worte vor sich hinzumurmeln. Verwandlung zum Beispiel. Gryffindor und Ravenclaw hatten dieses Fach gemeinsam, aber bevor sie überhaupt zaubern durften, mussten sie viele komplizierte Formeln schriftlich festhalten, und dann bekamen sie ein Streichholz in die Hand gedrückt, das sie in eine Nadel verwandeln sollten. Am Ende der Stunde hatte nur Hermine es hinbekommen, dass ihr Streichholz silbern glänzte und etwas spitz geworden war. Verärgert funkelte Draco nach dem Unterricht sein Streichholz an, das sie zum Üben behalten durften. „Meins ist kaputt!“ Harry runzelte die Stirn. „Wie kann ein Streichholz kaputt sein?“ „Es is‘ kaputt! Siehst du das nich‘?“ „Also, Verwandlung hast du zu Hause mit deinen Eltern nicht geübt, was?“, fragte Harry neugierig, Draco schüttelte den Kopf. „Nee, Verwandlung ist mit am schwierigsten, hast du doch gehört.“ „Man muss sich konzentrieren, all seine Gedanken auf das Streichholz fokussieren, dann klappt es“, sagte Hermine plötzlich, die hinter den beiden hergelaufen war. Sie warf einen kurzen Blick auf Dracos Streichholz. „Es ist nicht kaputt. Du bist nur viel zu leicht abzulenken.“ „Ich bin nicht abgelenkt! Ich – Aua! Verdammte Stufe!“ „Du musst die Stufe überspringen, Drake.“ „Weiß ich selber, Parks! Halt die Klappe und helf mir hier raus!“   Auf Verteidigung gegen die dunklen Künste freuten sich die Schüler am meisten, aber Quirrells Unterricht stellte sich als Witz heraus. Quirrell behauptete, dass er seinen Turban geschenkt bekommen hatte, weil er es geschafft habe, einen Zombie loszuwerden, aber als Pansy begierig wissen wollte, wie Quirrell das angestellt hatte, lief dieser rot an und redete plötzlich vom Wetter. Dann fiel ihnen auf, dass sein Turban genauso nach Knoblauch roch wie sein ganzes Klassenzimmer. Pansy schwor, dass er ihn mit der Knolle ausgestopft habe, um sich vor einem Vampir zu schützen, der Quirrell angeblich auf den Fersen sei. Harry stellte erleichtert fest, dass er akademisch doch nicht den anderen um Längen hinterher hinkte. Viele waren Muggelgeborene und, genau wie er, hatten sie keine Ahnung, dass sie Hexen oder Zauberer waren. Es gab so viel zu lernen, dass selbst Draco und Pansy keinen sonderlich großen Vorsprung hatten. Freitags zum Frühstück hatten die drei es endlich geschafft, die Große Halle zu finden, ohne sich ein einziges Mal zu verlaufen. „Was haben wir heute?“, fragte Harry, während Draco einen Pfannkuchen bemängelte und zurück auf die Platte schob. „Doppelstunde Zaubertränke mit den Slytherins“, sagte Draco und lächelte freudig. „Freu ich mich schon die ganze Woche drauf! Professor Snape ist Hauslehrer von Slytherin. Danny hat erzählt, dass er Gryffindor nicht ausstehen kann und Slytherins bevorzugt, aber Professor Snape ist mit meinen Eltern befreundet. Ich weiß, dass er enttäuscht ist, dass ich nicht nach Slytherin gekommen bin, aber ich kenne ihn schon ewig, es wird alles gut gehen. Er war immer gut zu mir.“ „Ich wünschte, Professor McGonagall würde uns bevorzugen“, sagte Harry. Pansy saß den beiden gegenüber, war aber in ein Gespräch mit Lavender und Parvati vertieft. Pansy hatte es geschafft, ihr Porridge in ihrem gesamten Gesicht zu verteilen, Harry musste zugeben, dass das eine reife Leistung war. Draco legte wieder einen Pfannkuchen weg, der ihm nicht gefiel. Harry verdrehte die Augen. „Die schmecken super, auch wenn die Bräunung nicht perfekt ist, Draco …“ „Das sagst du.“ „Bei den Dursleys wäre ich froh gewesen, wenn ich Pfannkuchen bekommen hätte!“ „Bei den Dursleys wäre ich froh gewesen, wenn mich einer erschossen hätte …“ „Hey, ihr zwei.“ Harry blickte auf, Theodore Nott, ein Ravenclaw, schlenderte zu ihnen hinüber und setzte sich neben Draco. „Na, Draco? Unzufrieden mit den Pfannkuchen?“, fragte er milde lächelnd nach. Theodore war schmächtig, hatte braun gelockte Haare, braune Augen und ein etwas kantiges Gesicht. Er hatte sich gleich am ersten Morgen bei Harry vorgestellt. Genau wie Pansy war er ein Kindheitsfreund von Draco, und genau wie Draco und Pansy, wollte er nicht nach Slytherin kommen wie seine Eltern vor ihm. Harry konnte Theodore gut leiden, er war ruhig, aufgeschlossen und nachdenklich. Anders als Hermine musste er sein Wissen jedenfalls nicht jedem ungefragt ins Gesicht reiben. Als er rausbekam, dass er Hermine Draco zu verdanken hatte, hatte Theodore ihm einen bitterbösen Blick zugeworfen. „Also gut, ich hab ja nicht mehr viel Zeit.“ Zähneknirschend entschied Draco sich für einen der Pfannkuchen und aß schlecht gelaunt sein Frühstück. „Hab gehört, ihr habt heute Zaubertränke“, sagte Theodore. „Dachte mir, ich wünsch euch viel Glück, hab’s nämlich schon hinter mir, war gar nicht mal so gut … War aber angenehm zu sehen, wie Hermine zusammengestaucht wurde für ihre ständige Besserwisserei. Schau mal, Draco, dein Pfannkuchen ist ein bisschen angebrannt. Genau da.“ Er gab Theodore grunzend einen Tritt, Harry kicherte in sein Porridge, so dass Draco es nicht sah. In diesem Moment kam die Post. Harry hatte sich daran gewöhnt, aber am ersten Morgen war es ein kleiner Schock für ihn gewesen, als hunderte von Eulen in die Große Halle geströmt kamen. Draco bekam wie üblich einen Brief von seiner Mutter, den er nur gelangweilt überflog, und seine übliche Portion an Süßigkeiten, die er mit seinen Hauskameraden teilte. Außer die Pfefferkobolde, die behielt er für sich. Hedwig hatte Harry bis jetzt nichts gebracht und holte sich nur Naschereien ab, aber an diesem Morgen ließ sie eine Notiz auf seinen Teller fallen, die er sofort aufriss.   Lieber Harry, ich weiß, dass du Freitagnachmittag frei hast, würdest du mich so um drei Uhr auf eine Tasse Tee besuchen kommen? Ich möchte alles über deine erste Schulwoche hören. Schick uns eine Antwort mit Hedwig. Hagrid   Harry lieh sich Theodores Feder („Du machst immer Flecken drauf!“, beschwerte sich Draco und rückte seine nicht raus) und kritzelte als Antwort: „Ja, gerne, bis später.“ auf die Rückseite der Notiz, gab sie Hedwig und schickte sie los. „Na gut, ihr zwei Hübschen. Ich muss dann los zu meinem Fach …“, sagte Theodore und sah Hermine energisch in der Ferne winken und auf ihre Uhr am Handgelenk tippen. „Das mit Granger zahl ich dir Heim, Draco, das schwör ich dir“, brummte er und schlenderte zu Hermine und den anderen Ravenclaws hinüber. Harry war im Nachhinein froh, dass er sich auf das Treffen mit Hagrid freuen konnte, denn der Zaubertrank-Unterricht stellte sich als das Schlimmste heraus, das ihm bis dahin in Hogwarts widerfahren war. Beim Eröffnungsbankett hatte Harry den Eindruck gewonnen, dass Professor Snape ihn nicht ausstehen konnte. Nachdem die erste Zaubertrank-Stunde geendet hatte, wusste er, dass er falsch gelegen hatte. Es war nicht so, dass Snape Harry nicht mochte – er hasste ihn. Der Unterricht fand unten in einem der Kerker statt. Snape begann den Unterricht damit, dass er die Namen der Schüler verlas, bei Harrys Namen hielt er jedoch inne. „Ah ja“, sagte er sanft, „Harry Potter. Unsere neue … Berühmtheit.“ Ron sah neugierig zwischen Harry und Snape hin und her, Blaise neben ihm grinste selbstgefällig. Mit kalten, dunklen Augen, sprach Snape zum Rest der Klasse darüber, was das Zaubertränke-Brauen ausmachte, wenn sie sich nicht völlig dämlich dabei anstellten. Draco neben Harry war ungewöhnlich ernst bei der Sache und offenbar bestrebt zu beweisen, dass er als Gryffindor nicht zu dämlich für Zaubertränke war. „Potter“, sagte Snape plötzlich. „Was würde ich kriegen, wenn ich geriebene Affodillwurzel zu einem Wermut-Aufguss hinzufüge?“ Geriebene Wurzel von was und einen Aufguss von wie war das gleich? Harry linste zu Draco hinüber, dessen Hand bereits in die Höhe geschossen war. „Ich weiß es nicht, Sir“, sagte Harry. Snapes Lippen verzogen sich zu einem höhnischen Grinse. „Tsk, Berühmtheit ist eben nicht alles. Malfoy, erleuchten Sie Ihre ahnungslose Bekanntschaft.“ „Affodillwurzel und Wermut ergeben einen Schlaftrank, der so stark ist, dass man ihn „Trank der lebenden Toten“ nennt“, erklärte Draco mit pinken Wangen, offenbar sehr zufrieden mit sich, die Antwort zu kennen. „Versuchen wir es noch mal. Potter, wo würdest du suchen, wenn ich dir auftrüge, mir einen Bezoar zu besorgen?“ Dracos Hand schoss wieder in die Höhe, während Harry keinen blassen Schimmer hatte, was ein Bezoar war; er wünschte, Draco würde aufhören sich zu melden, dann würde Harry sich weniger allein damit fühlen, die Antworten nicht zu kennen. Er versuchte ebenso sein Bestes, Ron und Blaise zu ignorieren, die sich stumm vor Lachen krümmten. Harry knirschte mit den Zähnen, er war sich ziemlich sicher, dass die beiden auch keine Ahnung hatten. „Ich weiß es nicht, Sir.“ „Hattest offenbar kein Interesse gehabt, in eines der Bücher reinzuschauen, was Potter? Im Gegensatz zu Mr Malfoy. Vielleicht kann er Ihnen ja beibringen, wie man ein Buch öffnet …“ Draco sah Harry entschuldigend an, seine Hand nahm er allerdings nicht runter. Harry zwang sich in diese kalten, schwarzen Augen zu sehen. Er hatte sich sehr wohl die Bücher bei den Dursleys angesehen, aber Snape konnte doch unmöglich erwarten, dass er seine Lehrbücher auswendig konnte. „Mr Malfoy, wo würden Sie suchen?“ „Ein Bezoar ist ein Stein im Magen einer Ziege, er heilt einen von den meisten Giften.“ „Sehr richtig, Mr Malfoy. Bei Mr Potter können wir wahrscheinlich von Glück reden, wenn er eine Ziege erkennt, wenn sie vor ihm steht.“ Die Slytherins kicherten ungeniert, Draco rutschte unwohl auf seinem Stuhl herum. Pansy sah aus, als wollte sie Snape am liebsten ihre Schöpfkelle über den Schädel ziehen, zumindest schwang sie diese zähneknirschend. „Potter, was ist der Unterschied zwischen Eisenhut und Wolfswurz?“ „Ich weiß es nicht“, sagte Harry leise. „Draco scheint das ja alles zu wissen, also wieso fragen Sie nicht gleich ihn und sparen Zeit.“ Einige kicherten, Pansy und Seamus zwinkerten ihm schelmisch zu. Snape jedoch fand das ganz und gar nicht witzig. „Zu deiner Information, Potter, Wolfswurz und Eisenhut sind dieselbe Pflanze, sie trägt auch den Namen Akonit. Nun? Wieso schreibt das keiner auf?!“ Während alle Pergament und Feder herauswühlten, verkündete Snape, dass er für Harrys Frechheit Gryffindor einen Punkt abziehen würde. Draco verzog enttäuscht das Gesicht. Dass er alle Antworten gekannt hatte, reichte offenbar nicht für einen einzigen, mickrigen Punkt. Ron und Blaise feixten ausgelassen. Anschließend waren sie damit beschäftigt einen simplen Trank zu brauen, Snape meckerte an jedem herum, außer an Draco. Er gab ihm zwar keine Punkte, aber immerhin lobte er seine Braukünste. Pansy wiederum hatte es geschafft, ihren Kessel einzukochen, Snape gab daraufhin Harry die Schuld, der das „ganz offensichtlich“ mit Absicht nicht verhindert hatte und zog erneut einen Punkt von Gryffindor ab. Harry öffnete seinen Mund, um etwas zu sagen, so unfair war das, da stieß ihm Draco in die Rippen. „Lass. Ich weiß, dass Professor Snape richtig fies werden kann, wenn er jemanden nicht mag.“ Wütend schluckte Harry seine Bemerkung hinunter, während Pansy ihn entschuldigend ansah und bedrückt vor ihrem Kessel-Klumpen saß, über den Ron sich lautstark lustig machte. Als sie später die Kerker verließen, rasten Harrys Gedanken und er fühlte sich niedergeschlagen. Er hatte zwei Punkte bereits verloren, in der ersten Schulwoche – warum hasste Snape ihn nur so sehr? „Kopf hoch“, Draco klopfte ihm sanft auf die Schulter. „Danny meinte, dass Snape Gryffindor ständig Punkte mopst, für so ziemlich alles.“ „Musstest du dich denn ständig melden? Ich kam mir total blöd vor!“, fauchte Harry Draco wütend an. Draco zuckte zurück. „Tut mir leid … Aber ich sagte doch, dass er ein Familien-Freund ist. Ich wollte doch nur beweisen, dass ich gut in dem Fach bin. Kann … ich mit zu Hagrid kommen? Bitte?“ Harry seufzte und beruhigte sich ein wenig. „Aber klar doch.“ Als sie später bei Hagrids Hütte angekommen waren und klopften, herrschte große Unruhe und ein donnerndes Bellen war zu hören. Hagrids großes, haariges Gesicht tauchte im Türspalt auf. „N Momentchen, zurück Fang!“ Er ließ Harry und Draco rein. Die Hütte bestand nur aus einem Raum, Schinken und Fasane hingen von der Decke, ein Kessel kochte über offenem Feuer und in einer Ecke stand ein riesiges Bett mit einer Patchwork-Decke darüber. „Fühlt euch wie zu Hause“, sagte Hagrid, der Fang losließ. Der Hund stürzte sich auf Draco und schleckte ihm das Gesicht ab. Dieser wich mit angewidertem Gesicht zurück, versuchte sich sein Unbehagen allerdings nicht allzu sehr anmerken zu lassen. „Das ist Draco“, erzählte Harry Hagrid, der gerade Tee und Kekse vorbereitete. „Malfoy, nich‘?“, sagte Hagrid und warf einen kurzen Blick auf den angesabberten Draco. „Ja, siehst genauso aus wie dein Vater, wie aus’m Gesicht geschnitten … War’n netter, Lucius Malfoy. N bissel zu verliebt in Muggel-Kram … Ständig hat was Feuer gefangen, hatte ständig Angst um mein‘ Wald“, erinnerte Hagrid sich grinsend. Draco grinste zurück. „Fängt immer noch Feuer, sein Kram.“ „Gut zu wissen“, brummte Hagrid. Die beiden erzählten ihm alles über ihre erste Schulwoche und waren hoch erfreut, als Hagrid Filch einen „alten Depp“ nannte. Harry erzählte Hagrid von Snape, und genau wie Draco und Danny, riet Hagrid ihm, sich deswegen nicht zu viele Gedanken zu machen. Snape möge die meisten Schüler nicht, das sei nichts Ungewöhnliches. „Aber ich hab das Gefühl, dass er mich regelrecht hasst!“ „Quatsch!“, sagte Hagrid. „Warum sollte er?“ Harry kam jedoch nicht umhin zu bemerken, dass Hagrid seinen Blick mied, als er das sagte. „Wie geht’s deiner Ma Narcissa? Tut mir ja bis heute leid, das mit den Bowtruckles …“ Harry fragte sich, ob Hagrid das Thema mit Absicht gewechselt hatte, wollte aber dennoch wissen, was es mit der Geschichte um Dracos Mutter auf sich hatte. „Ma geht’s gut, aber Bowstruckles mag sie immer noch keine“, erzählte Draco kichernd. „Was ist denn passiert, und was sind Bowtruckles?“, fragte Harry neugierig. „Sin‘ Tierwesen, leben in Bäumen, die man für Zauberstäbe nutzen kann. Seh‘n n bissel aus wie kleine Äste. Na ja, war nur so, dass ich so‘n Baum am Waldrand gefunden hab. Dachte, ich zeig das Narcissa, weil sie grade da war … Äh … Sie fanden’s nich’ so toll, dass Cissy sie anfassen wollte … Hab sie noch nie so schnell renn‘n sehen, mit all den Bowtruckles in ihr’n Haaren … Und Lucius hinterher.“ Hagrid sah aus, als koste es ihm große Mühe nicht in schallendes Gelächter auszubrechen, Draco dagegen machte aus seiner Schadenfreude keinen Hehl und kicherte ausgelassen. Harrys Blick fiel derweil auf einen Ausschnitt des Tagespropheten, der auf dem Tisch lag. Es handelte von dem Einbruch in Gringotts, von dem Draco ihm im Zug erzählt hatte. Offenbar fand der Einbruch noch am selben Tag statt, an dem Harry und Hagrid die Zauberer-Bank besucht hatten. „Hagrid! Der Einbruch bei Gringotts war an meinem Geburtstag! Vielleicht ist es sogar passiert, als wir gerade dort waren!“ Nun gab es keinen Zweifel, Hagrid mied definitiv Harrys Blick. Er brummte nur und bot Harry einen weiteren Keks an, der hart wie Stein war. Harry las den Artikel noch einmal. Das Verlies, in das eingebrochen wurde, war in der Tat noch am selben Tag geleert worden. Hagrid hatte das Verlies 713 geleert, wenn man das Leeren nennen konnte. Es war ja nur ein kleines, schmuddeliges Päckchen gewesen. Hatten die Diebe wirklich danach gesucht? Die Taschen schwer gefüllt mit Steinkeksen, kehrten Harry und Draco zum Abendessen zurück ins Schloss. Harry befand, keine der Unterrichtsstunden beschäftige ihn so sehr wie der Artikel im Tagespropheten. Hatte Hagrid das Päckchen gerade noch rechtzeitig geholt? Und wusste Hagrid etwas über Snape, dass er Harry nicht erzählen wollte? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)